„Keiner hat hier Angst vor Corona“: Millionen Inder baden dicht gedrängt im Ganges
Neu Delhi/Haridwar –
Abstand? Masken? Corona? Es scheint, als ob hunderttausende Menschen in Indien in diesen Tagen nicht viel davon wissen wollen, denn sie pilgern in Scharen an den Ganges um das größte religiöse Festival der Welt zu feiern – und dicht gedrängt in dem Fluss zu baden. Und das, obwohl die Corona-Zahlen in Indien immer weiter steigen.
Das „Kumbh Mela“-Fest gilt als das größte Fest des Hinduismus – und der Welt. Trotz Pandemie findet es auch in diesem Jahr statt und Hunderttausende Pilgerinnen und Pilger sowie mit Asche eingeriebene Gurus machen sich auf dem Weg zum heiligen Fluss Ganges, um dort dicht gedrängt zu baden. An besonders wichtigen Tagen wie an diesem Mittwoch sind es Millionen – am vergangenen Montag zählte die Polizei drei Millionen Badende.
Neuer Rekordwert bei Corona-Neuinfektionen in Indien
Doch was wird da eigentlich genau gefeiert? Die Menschen glauben, dass sie sich mit dem Waschritual von ihren Sünden reinigen und einem Zustand der Befreiung näherkommen können, bei dem der endlose Zyklus von Geburt, Tod und Wiedergeburt endet, alles Leiden aufhört und alle Wünsche unwichtig werden.
Das Fest basiert auf einem Mythos, wonach Götter und Dämonen um einen Krug (Kumbh) stritten, der mit Unsterblichkeitsnektar gefüllt war. Bei dem Streit fielen einige Tropfen an vier Orten auf die Erde. An diesen findet abwechselnd das Fest statt, gerade eben in der Stadt Haridwar am Ganges.
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Während die Menschen scheinbar sorglos im Fluss baden und feiern, hat die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Indien gerade einen neuen Rekordwert erreicht. Das Gesundheitsministerium in Neu Delhi nannte am Mittwoch einen neuen Höchstwert von mehr als 184.000 Infektionen und 1027 Todesfällen im Zusammenhang mit Corona für die vergangenen 24 Stunden.
Indien ist mit insgesamt mehr als 13,8 Millionen erfassten Infektionen das am zweitmeisten von Corona betroffene Land – nach den USA. Indien ist als größte Demokratie der Welt auch das zweitbevölkerungsreichste Land der Welt.
Drei Millionen Menschen im Ganges: Corona-Sorglosigkeit in Indien
Doch parallel zu den Infektionszahlen wächst scheinbar auch die Sorglosigkeit der Inderinnen und Inder beim „Kumbh Mela“. „Wenn du bei Mutter Ganges bist, was kannst du dann auch nur fürchten? Sie ist unsere Mutter“, sagte ein Pilger kürzlich dem Fernsehsender NDTV. Und ein anderer betonte: „Keiner hier hat Angst vor Corona. Corona gibt es nicht. Das ist alles nur Drama.“ Ein weiterer, etwas besorgterer, Kommentar: „Viele Menschen nehmen ihre Masken beim Baden ab, aber was kann man machen? Wie kann man sie stoppen?“
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Dieses Jahr sind weniger zum Fest am Ganges gekommen als sonst. Bei dem wichtigen Badetag am vergangenen Montag waren nach Polizeiangaben rund drei Millionen Menschen dort, während es 2019 gut 20 Millionen waren. Aber die Polizei hatte nach eigenen Angaben Mühe, sie zu kontrollieren. Auch hielten sich viele nicht an die Regeln. Dafür Bußgelder zu verteilen sei nicht möglich, hieß es.
Trotz Teil-Lockdown in Indien: Zu hinduistischem Festival kommen Massen
Ein Mitarbeiter der örtlichen Gesundheitsbehörde sagte, dass Pilgerinnen und Pilger eigentlich negative PCR-Testnachweise mitnehmen müssten. Einige von ihnen hinterfragten die Regeln aber kritisch, auch weil in letzter Zeit etliche Politiker große Veranstaltungen für Regionalwahlen organisiert hatten – ohne Masken und Abstand. Mediziner wiederum kritisieren, dass die Regierung eine solche Massenveranstaltung zuließ, während es in anderen Teilen des Landes Teil-Lockdowns gibt. (prei/dpa)