AfD-Verbotsverfahren: Letzter Ausweg oder schlimmster Fehler?
Die AfD ist gefährlich, da sind sich fast alle Demokraten einig. Doch wie verhindert man, dass sie unserer Gesellschaft noch schwereren Schaden zufügt? Mit einem Verbotsverfahren – oder macht das alles noch viel schlimmer?
AfD-Verbot? Pro: Macht kaputt, was euch kaputt macht
Alexander Josefowicz
„Der Feind steht rechts!“ Das proklamierte der damalige Reichskanzler Joseph Wirth von der konservativen Zentrumspartei schon 1922. Wie viel Leid der Welt erspart worden wäre, hätten seine Zeitgenossen auf ihn gehört. Heute haben wir die Chance, aus der deutschen Geschichte zu lernen – und die AfD zu verbieten, bevor sie endgültig die Axt an unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung legen kann.
Stimmen gegen ein Verbot ignorieren, dass sich die Partei inzwischen völlig enthemmt gegen alles wendet, was unsere Gesellschaftsordnung ausmacht, dass sie jede Lücke nutzt und nutzen wird, um zu zersetzen, zu spalten, um – um es mit Wirth zu sagen – ihr „Gift in die Wunden eines Volkes zu träufeln“. Schon jetzt hat sie viel zu viel Menschenfeindliches (wieder) sagbar gemacht, diktiert nicht nur scheinbar Themen und Vokabular im Wahlkampf.
Karl Popper beschrieb 1945 in seinem Buch „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ das, was heute als Toleranz-Paradoxon bekannt ist: Wenn sich die Toleranz gegen ihre erklärten Feinde nicht zur Wehr setzt, bedeutet das über kurz oder lang ihren Untergang. Denn die Intoleranten haben keine Skrupel, alles abzuräumen, was ihnen im Weg steht. Aktuelles Beispiel: die USA, wo Trump als erste Amtshandlung 1500 Putschisten begnadigte, die vier Jahre zuvor das Kapitol gestürmt hatten.
Unsere Demokratie ist eine streitbare, die sich gegen ihre Feinde wehren kann und muss. Und diese Feinde, das kann man nicht oft genug betonen, stehen rechts!
Die WochenMOPO – ab Freitag neu und überall, wo es Zeitungen gibt!
Diese Woche u.a. mit diesen Themen:
- Hamburgs geheimer XXL-Bunker: Wo 5000 Menschen Schutz finden sollten
- Tabubruch: CDU-Chef Merz nutzt AfD-Stimmen für seinen Migrations-Antrag. Ein Pro und Kontra zu einem höchst umstrittenen Vorgang
- Nedderfeld: Automeile in der Krise
- Krebs-Praxen läuft das Personal weg
- Große Rätselbeilage: Knobelspaß für jeden Tag
- 20 Seiten Sport: Die Gründe für das St. Pauli-Hoch
- 20 Seiten Plan7: Bloody brilliant! 50 Jahre „Rocky Horror Show” – und jetzt wieder in Hamburg. Außerdem: Ausgehtipps für jeden Tag
AfD verbieten? Kontra: Höcke und Weidel wären begeistert
Mathis Neuburger
Die AfD ist gefährlich. Und doch wäre ein Verbotsverfahren, wie es am Donnerstag in den Bundestag eingebracht wird, das Dümmste, was man im eh schon verkorksten „Kampf gegen Rechts“ unternehmen kann. Begeistert würden die Weidels und Höckes durchs Land ziehen und ihren Anhängern erzählen: Seht her, die wahren Feinde der Demokratie wollen euch mundtot machen!
Begründet werden soll ein Verbot vor allem mit den Positionen in der Migrationspolitik. Nur: Da übernehmen die Parteien der Mitte seit Jahren die Forderungen der AfD. Aufnahmestopp, Lager an EU-Grenzen, faktische Abschaffung des Asylrechts, Zurückweisungen an den Grenzen, Abschiebehaft?
Alles im Mainstream angekommen. Auch die „Remigrations“-Fantasien der AfD dürften kaum reichen. Schließlich sind diese in wesentlichen Punkten in Dänemark unter Sozialdemokraten oder in Schweden unter einer Mitte-Rechts-Koalition offizielle Regierungspolitik.
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Und sollte das Verbotsverfahren erwartbar scheitern, läuft Faschist Höcke dann mit einem Unbedenklichkeitsschein aus Karlsruhe durch die Gegend? Nein, wer die AfD kleinkriegen will, muss die ungewollte Masseneinwanderung beenden, die bei dem Kindermord von Aschaffenburg (S. 103) wieder deutlich gewordenen Missstände endlich beheben – und der AfD so ihr alles entscheidendes Thema nehmen. Die Demokraten in den USA haben das nicht verstanden und Trump bekommen. Uns wird es sonst genauso gehen.
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