Brandenburg-Wahl: Die SPD kann noch gewinnen – wenn sie Scholz weglässt
Es hätte schlimmer kommen können: Brandenburg scheint knapp an der Nicht-Regierbarkeit vorbeigeschrammt zu sein. SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke hat die AfD mit einer „All-in“-Strategie auf den zweiten Platz verwiesen. Er hat dies mit der maximal möglichen Distanz zu Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der Ampel in Berlin erreicht. Das dürfte die Diskussion, ob es Scholz für die SPD auf Bundesebene noch einmal richten kann, weiter befeuern. Andere hätten diese Probleme gerne.
Woidke hatte im Wahlkampf vor allem mit zwei Dingen auf sich aufmerksam gemacht: Er drohte, die Politik komplett zu verlassen, wenn seine SPD nicht stärkste Kraft werden würde. Und: Er verzichtete komplett auf Auftritte mit Bundes-Politikern der SPD. Beides hat offenbar gefruchtet. Der langjährige Ministerpräsident wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch die nächste Landesregierung führen.
Die AfD könnte ihren Höhepunkt überschritten haben
Für die AfD ist der Abend eine Enttäuschung. Lange war sie auf der Gewinnerstraße – nun erreicht sie womöglich noch nicht einmal die Sperrminorität von einem Drittel der Stimmen. Auch im Osten wachsen die Bäume für den „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ eben nicht in den Himmel. Womöglich waren die jüngsten Landtagswahlen inklusive Brandenburg für die AfD so etwas wie der Höhepunkt des Wählerzuspruchs.
Die Linke erlebt ein beispieloses Debakel und versinkt – wie auch die FDP – in Brandenburg in der kompletten Bedeutungslosigkeit. Die einstige „Volkspartei“ im Osten ist zwischen der AfD und dem „Bündnis Sahra Wagenknecht“ zerrieben worden. Ob es jemals wieder ein Zurück in den Landtag gibt? Fraglich.
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Die CDU als „Volkspartei“? Nicht in Brandenburg!
Für die CDU ist es ebenfalls ein Abend zum Vergessen. Mit deutlichen Verlusten und einem Ergebnis um die 12 Prozent wird sie nicht unbedingt dem Anspruch gerecht, den ihr frisch gebackener Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) gerne formuliert: die CDU sei – zumal im Osten – die letzte verbliebene Volkspartei. Ob man die CDU-Schlappe in Brandenburg tatsächlich schon komplett Merz anrechnen kann, ist fraglich – politische Gegner werden es trotzdem versuchen.
Der größte Verlierer des Abends heißt aber Olaf Scholz (SPD). Der Regierungschef in Berlin muss damit rechnen, dass seine Koalitionspartner Grüne und FDP mit Blick auf die Bundestagswahl nun in den „Überlebensmodus“ schalten. In diesem werden gewöhnlich Maximal-Forderungen erhoben, die eher darauf abzielen, das eigene Profil zu schärfen, als konstruktive Regierungspolitik zu gestalten.
Pistorius beendet die Spekulationen bisher nicht
Gleichzeitig wird es vielen Genossen in der SPD zu denken geben, dass man mit maximaler Distanz zu Scholz Erfolg an der Wahl-Urne haben kann. Noch immer gibt es einige, die lieber mit Verteidigungsminister Boris Pistorius in die nächste Bundestagswahl gehen würden – dazu zählt offenbar auch Pistorius selbst, der die Spekulationen jederzeit beenden könnte, indem er sagt, er stehe nicht zur Verfügung. Er hat das bisher nicht getan.
Aber das Wahlergebnis hält auch einen kleinen Hoffnungsschimmer für Scholz bereit: Woidke hat gezeigt, dass die SPD im Wahlkampfmodus noch immer zu großen Aufholjagden in der Lage ist. Darauf müsste auch Scholz hoffen. Dass ihm dieses Kunststück nach 2021 aber erneut gelingt, ist eher unwahrscheinlich. Als Hoffnungsträger taugt er diesmal nicht mehr. Das wäre bei Pistorius völlig anders.