TV-Duell: Erst am Ende knallt‘s – und Merz liefert die große Überraschung
Die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen: Erstmals sind die zwei aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU) und Olaf Scholz (SPD) in einem TV-Duell direkt aufeinandergetroffen. Das Streitgespräch im ZDF plätscherte lange fast schon harmonisch vor sich hin – bevor es bei einigen Themen doch noch knallte. Ein Ruck in den Umfragen nach dem TV-Duell ist eher nicht zu erwarten.
Die Ausgangslage war klar: Für Merz ging es vor allem darum, keine (weiteren) Fehler zu machen. Seine CDU liegt in Umfragen bei etwa 30 Prozent. Scholz konnte vor dem Duell aber eigentlich nur gewinnen: Seine SPD liegt in der Gunst der Wähler deutlich hinten. Entsprechend angriffslustig gab er sich. Wäre er doch nur häufiger so aufgetreten, stünde er womöglich besser da.
Scholz nennt Merz‘ Migrations-Plan „so doof“
Zunächst ging es um das Thema AfD und Asyl. Scholz machte erneut klar, dass er Merz nach den Vorfällen im Bundestag nicht mehr traut. Der Herausforderer wehrte sich u.a. mit dem Hinweis, es habe keinerlei Absprachen mit der AfD gegeben und einem älteren Zitat von Scholz, in dem er die Zusammenarbeit mit der AfD auf lokaler und Landes-Ebene relativierte. Scholz verteidigte seine eigene Bilanz beim Thema Asyl vehement und verstieg sich sogar zu der Behauptung, Deutschland habe in diesem Bereich „die härtesten Gesetze der Welt“. Merz konterte überraschend schwach und empörte sich zweimal – über die Grünen. Scholz schleuderte ihm entgegen, warum man „so doof“ sein sollte, mit rechtswidrigen Zurückweisungen an den deutschen Grenzen europäische Partner zu verprellen, die man im aufkommenden Zoll-Streit noch brauchen werde.
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Bei dem Thema behielt Scholz die Oberhand. Ganz anders beim Thema Wirtschaft. Dort hielt Merz Scholz die schlechten Kennzahlen vor und empörte sich wiederholt, dass der Kanzler diesbezüglich „in seiner eigenen Realität“ lebe. Am deutlichsten sichtbar wurden die Unterschiede aber wohl beim Thema Steuern, Sozialabgaben und Lebenshaltungskosten. Merz erklärte, die Menschen seien unter der Regierung Scholz ärmer geworden. Er wolle wieder für mehr Wachstum sorgen, denn „mit einer guten Wirtschaft lassen sich auch unsere Sozialsysteme besser finanzieren“. Schließlich warf Merz Scholz sogar vor, das versprochene „Klimageld“ für steigende CO2-Preise nicht an die Bürger weitergegeben zu haben. Der Kanzler hatte nur wenig zu entgegnen. Insgesamt bei dem Thema wohl ein Punktsieg für den CDU-Herausforderer.
Merz wirft Scholz „Wortbruch“ bei Verteidigung vor
Überraschend hitzig wurde es noch einmal gegen Schluss: Merz warf Scholz vor, der Ukraine-Krieg hätte bereits enden können, wenn die Ukraine entschiedener unterstützt worden wäre. Es entsponn sich ein Streit darüber, ob das Budget für die Bundeswehr wirklich ausreicht. Merz warf Scholz „Wortbruch“ beim Thema 2-Prozent-Ziel der NATO vor. Scholz bestritt das vehement.
Das TV-Duell im Ticker zum Nachlesen
Für die größte Überraschung sorgte Merz gegen Ende. Er erklärte, es sei denkbar, die Schuldenbremse zu reformieren. In einem ersten Schritt müssten dafür aber die Sparpotenziale in Verwaltung und beim Bürgergeld gehoben werden. Bisher hat Merz eine Änderung der Defizit-Grenze strikt abgelehnt.
Die beiden treffen noch zweimal direkt aufeinander
Insgesamt verlief das erste Duell der beiden Politiker ziemlich zivilisiert. Mitunter lachten beide sogar gemeinsam. Beispielsweise als beide gefragt wurden, was sie von einem Bundestag ohne die FDP hielten. Merz antwortete: Dieser sei dann „ärmer aber lebensfähig“. „Ich könnte es nicht besser formulieren“, schmunzelte Scholz seinem Kontrahenten entgegen. Zum Abschluss reichten sich beide die Hand. Merz und Scholz treffen noch zweimal zu einem „Duell“ zusammen: am 16. (RTL) und am 19. Februar bei „Welt TV“.
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