G20 beschließt Abgabe für Reiche: Warum es richtig ist, Vermögen stärker zu besteuern
Beim G20-Gipfel in Brasilien hat sich fast unbemerkt eine kleine Revolution angekündigt. Erstmals haben sich die wichtigsten Industrie- und Entwicklungsländer grundsätzlich darauf verständigt, Superreiche stärker zu besteuern, um den Klimawandel und die Armut besser bekämpfen zu können. Nicht zuletzt Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich dafür immer wieder stark gemacht. Ob sich dieses Vorhaben jemals auf globaler Ebene umsetzen lässt, ist offen – doch auch in Deutschland nimmt die Diskussion Fahrt auf. Und das ist auch richtig so!
„Wir werden uns bemühen, zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass sehr vermögende Privatleute effektiv besteuert werden“, heißt es in der Abschlusserklärung des G20-Gipfels. Es sollen Mechanismen zur Bekämpfung von Steuervermeidung entwickelt werden. Wer genau in die Kategorie „vermögende Privatperson“ fällt, haben die G20 bisher ebensowenig definiert, wie die Höhe eines möglichen neuen Mindeststeuersatzes. Die Rede ist aber von zwei Prozent. Das Geld soll den jeweiligen Staaten zu Gute kommen.
Die soziale Schere ist weiter aufgegangen
Es ist kaum verwunderlich, dass eine globale Reichensteuer plötzlich populärer wird. Denn die Corona-Pandemie hat Reiche reicher und Arme eher ärmer gemacht. Laut dem „World Wealth Report“ ist seit Corona der Anteil der Menschen, die mindestens eine Million Dollar anlegen können, um 5,1 Prozent auf 22,8 Prozent gestiegen. Das Vermögen von Milliardären wie Elon Musk oder Jeff Bezos ist seither ebenfalls stark gewachsen. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der Entwicklung der Aktienmärkte. Laut einer Studie der Europäischen Zentralbank zur Vermögensverteilung im Euroraum kontrollieren die „oberen“ zehn Prozent der Bevölkerung 61,2 Prozent des Gesamtvermögens. Die „untere“ Hälfte der Bevölkerung aber nur 2,3 Prozent.
Ein Großteil des Vermögens wird inzwischen geerbt
Diese Ungleichheit ist durch das Mantra „Harte Arbeit lohnt sich eben“ nicht wirklich hinreichend zu erklären. So wurden beispielsweise in Deutschland 60 Prozent der Vermögen nicht mit eigener Hand erwirtschaftet, sondern durch Erbschaften oder Schenkungen erlangt. Im Schnitt liegt das vererbte Vermögen in Deutschland jährlich bei 300 bis 400 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer liegen bei zehn Milliarden im Jahr.
Die Einnahmen aus Vermögenssteuern in Deutschland insgesamt betragen gerade einmal 40 Milliarden Euro. Die USA, Frankreich und Großbritannien haben drei- bis viermal so hohe Steuereinnahmen aus Vermögen. Was hält uns eigentlich davon ab, dies zu ändern?
100 Milliarden im Jahr zusätzlich wären möglich
Der Wirtschaftsexperte Marcel Fratzscher hat errechnet, dass es Deutschland Mehreinnahmen in Höhe von 100 Milliarden Euro im Jahr bringen würde, wäre irgendeine Bundesregierung bereit, Vermögen ähnlich zu besteuern, wie in den drei genannten westlichen Ländern. Zur Erinnerung: Die Ampel-Regierung war unter anderem daran gescheitert, dass sie sich nicht einigen konnte, wie ein 17 Milliarden-Loch im Bundeshaushalt gestopft werden soll.
Zur Wahrheit gehört aber wohl auch: Es bräuchte womöglich gar keine neuen Steuern. Es würde vermutlich schon genügen, die Steuer-Gesetze in Deutschland „wasserdicht“ zu machen und diese auch konsequent durchzusetzen. Stattdessen hat sich der Staat Verrücktheiten wie den Cum-Ex-Skandal geleistet, der die Steuerzahler trotz teilweiser Rückzahlungen Milliarden gekostet hat.
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Wer diese Diskussion für sozialistischen Unsinn hält, dem sei ein Blick ins Grundgesetz empfohlen. Dort steht in Artikel 14, Absatz 2: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ Für das Eigentum sehr vieler reicher Menschen gilt dies kaum noch. Das ist aber kein Naturgesetz, das sich nicht ändern ließe.