Israel bekämpft seine Feinde momentan auf breiter Front. Doch irgendwann muss auch wieder Politik gemacht werden.
  • Israel bekämpft seine Feinde momentan auf breiter Front. Doch irgendwann muss auch wieder Politik gemacht werden.
  • Foto: picture alliance / abaca | Ugur Can/ABACA

Israel: Irgendwann kommt die militärische Logik an ihr Ende

Selten in der Geschichte des Nahen Ostens war die Situation so angespannt wie heute: Israel geht militärisch gegen seine Gegner im Libanon und wohl bald auch im Iran vor. Ist das Kriegstreiberei, wie manche behaupten, oder berechtigte Selbstverteidigung? Wichtiger ist die Frage, ob das Fenster, das sich womöglich bald öffnet, politisch genutzt wird. Die deutsche Diplomatie spielt in dem Drama nur eine Nebenrolle – aber eine eher unglückliche.

Nach dem massiven Beschuss Israels mit Raketen durch den Hisbollah-Unterstützer Iran hat die Regierung unter Benjamin Netanjahu angekündigt „signifikant zurückzuschlagen“. Israel ließ bewusst offen, was genau damit gemeint ist. Es könnte die iranischen Atomanlagen ins Visier nehmen, mit denen die Mullahs versuchen, zur Atommacht aufzusteigen.

Wie das Regime in Teheran darauf reagieren würde (und könnte), ist unklar. Nach Einschätzung internationaler Experten hat der Iran eher kein Interesse an einem Großkonflikt. Und Irans Hauptunterstützer Russland hat momentan auch andere Probleme.

Israels Vorgehen im Libanon ist durch die UN gedeckt

Das Vorgehen der Israelis gegen die Hisbollah mit einer Bodenoffensive im Libanon ist eindeutig rechtens: Die UN-Resolution 1701 verlangt von der Terror-Miliz den Abzug von der Grenze zu Israel. Dem ist die Miliz nie nachgekommen. Stattdessen beschießt sie Israel seit einem Jahr genau aus diesem Gebiet täglich mit Raketen.


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Ähnlich wie die Hamas und die Mullahs im Iran hat sich die Hisbollah die Vernichtung des Staates Israel auf die Fahnen geschrieben. Wie anders als mit militärischer Robustheit soll man mit einem Gegner umgehen, der zu keinerlei Kompromissen bereit ist und als einziges Ziel die Vernichtung seines Gegenübers kennt? Es ist zumindest nachvollziehbar, dass Israel momentan ausschließlich auf die militärische Logik setzt. Am Freitagmorgen erschütterten wieder schwere Explosionen die libanesische Hauptstadt Beirut: Die Angriffe Israels richteten sich offenbar gegen Hisbollah-Führer – unter ihnen der mögliche Nachfolger des durch Israel getöteten Hisbollah-Anführers Hassan Nasrallah.

Nur die Position der Stärke ermöglicht Verhandlungen

Sollte Israel nach der Dezimierung der Hamas im Gazastreifen und der Schwächung der Hisbollah auch den Iran empfindlich treffen, wäre allerdings der Zeitpunkt gekommen, die rein militärische Logik zu durchbrechen. Wenn die radikalsten Kräfte unter den Gegnern Israels geschwächt sind oder sogar am Boden liegen, wäre für Israels Regierung ein guter Zeitpunkt, aus dieser Position der Stärke den moderateren Kräften in der Region einen politischen Dialog anzubieten – der Einstieg in eine diplomatische Logik, statt der rein militärischen. Das wäre auf Dauer im Sinne der Sicherheit Israels und im Sinne der Zivilisten auf allen Seiten.

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Da in der Regierung Netanjahu aber auch radikale Kräfte vertreten sind, die von einem „Großisrael“ träumen, wird sich dieses Fenster nicht ohne großen diplomatischen Druck öffnen. Dieser müsste vor allem aus den USA kommen und die Androhung einer Aussetzung der Militärhilfen für Israel beinhalten.

Baerbock äußerte sich zuletzt eher unglücklich

Und auch Deutschland könnte eine Rolle spielen. Allerdings hat sich Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in den vergangenen Tagen nicht sonderlich geschickt positioniert: Mit Blick auf die Tötung des Hisbollah-Chefs Hasan Nasrallah warnte sie vor einer Destabilisierung des Libanon – als sei die Terror-Miliz ein Stabilitätsanker in der Region und nicht einer der größten Unsicherheitsfaktoren. Dann spekulierte sie öffentlich über den Einsatz von Bundeswehrsoldaten im Gazastreifen. Dieses Angebot zur robusten „Friedenssicherung“ ist durchaus ehrenwert und ohne internationales Engagement wird es auch nicht gehen. Allerdings hat Baerbock damit den zweiten Schritt vor dem ersten getan: Zuerst einmal muss ein Waffenstillstand erreicht werden. Das könnte aber noch dauern.

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