„K-Frage“: Scholz und Merz sollten sich nicht zu sicher fühlen
In etwas mehr als einem Jahr ist Bundestagswahl. Da überrascht es nicht, dass bei der SPD und in der Union die Diskussion um die möglichen Kanzlerkandidaten – die „K-Frage“ – langsam Fahrt aufnimmt. Überraschende Favoritenstürze in den kommenden Monaten sind durchaus möglich.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) hat am Sonntagabend im ZDF erklärt, er rechne fest damit, dass die SPD und er als Kanzler auch die nächste Bundesregierung anführen werden. Da kommt natürlich zuallererst die Frage auf: Liest Scholz keine Umfragen und ignoriert er Wahlergebnisse? Oder wie kommt er auf diese Idee? Zugegeben: Auch vor der letzten Bundestagswahl spotteten viele, der SPD-Politiker könne nie im Leben Kanzler werden – es kam bekanntlich anders. Allerdings ist die Ausgangssituation diesmal eine völlig andere.
Pistorius ist viel beliebter als Scholz
Mal abgesehen von den Umfragen, die die SPD deutlich hinter der Union sehen, ist Scholz inzwischen ein parteiinterner Rivale erwachsen: Verteidigungsminister Boris Pistorius ist in Umfragen immer wieder der beliebteste Politiker des Landes. Er spricht in verständlichen Sätzen und scheut auch keine Vokabeln, mit denen er bei einigen aneckt – wenn er beispielsweise von der „Kriegstüchtigkeit“ Deutschlands spricht.
Der Weg zur Palastrevolution ist weit – aber gangbar
Und so besteht durchaus die Möglichkeit, dass einige SPD-Abgeordnete auf die Idee kommen könnten, mit einem Kanzlerkandidat Pistorius ließen sich mehr Mandate im Bundestag retten, als mit Scholz. Bis zu einer Palastrevolution ist es aber ein weiter Weg. Denn momentan führt Rolf Mützenich die SPD-Bundestagsfraktion, dem seine Abneigung gegen Pistorius und dessen Ukraine-Kurs aus jeder Pore strömt. Eine Überraschung in der K-Frage ist in der SPD zwar möglich, aber momentan noch unwahrscheinlich. Nach der Landtagswahl in Brandenburg (22.9.) werden die Karten aber wohl noch einmal neu gemischt.
Das könnte Sie auch interessieren: Koalition mit Wagenknecht-Partei: Merz und seine CDU sitzen in der Falle
Ähnlich ist die Situation in der Union. Sie liegt in den Umfragen auf Bundesebene konstant über 30 Prozent. Ein Verdienst, den sich CDU-Parteichef Friedrich Merz anrechnen kann. Seine persönlichen Umfragewerte sind aber weit von solchen guten Ergebnissen entfernt.
CSU-Chef Söder entwickelt neue Ambitionen
Deshalb ist es keineswegs sicher, dass die Partei am Ende nicht doch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst oder gar CSU-Chef Markus Söder aufs Schild hebt. Letzterer hat jüngst wiederholt öffentlich klar gemacht, dass er Kanzler-Kandidat werden möchte – auch wenn er in der Vergangenheit betont hat, dies käme für ihn nicht mehr in Frage („Ein Söder, ein Wort!“). Merz wird sich also darauf einstellen müssen, noch einige interne Widerstände zu überwinden, bevor er überhaupt davon träumen kann, Kanzler zu werden. Das verbindet ihn mit Scholz.