Markus Söder (CSU, r.) verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur und unterstützt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.
  • Markus Söder (CSU, r.) verzichtet auf eine Kanzlerkandidatur und unterstützt den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.
  • Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Markus Schreiber

Kanzlerkandidat: Merz kann sich nur noch selbst ein Bein stellen

Friedrich Merz wird Kanzlerkandidat der Union. Und im nächsten Jahr auch Bundeskanzler? Die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario ist hoch. Stand jetzt kann sich die CDU eigentlich nur noch selbst ein Bein stellen. Das liegt auch an einem wenig überzeugenden Amtsinhaber.

Die Union hat sich festgelegt: Ihr nächster Kanzlerkandidat ist ein Sauerländer, kein Bayer. Dass die Entscheidung bereits mehr als ein Jahr vor der Wahl fällt, ist dem letzten Nominierungs-Prozess geschuldet: Armin Laschet wurde 2021 erst drei Monate vor der Wahl auf den Schild gehoben. Ein zu kurzer Zeitraum, um sich zu profilieren, glaubt man bei den Christdemokraten.

Merz hat sich die Nominierung durchaus verdient

Egal was man von seiner Politik und seinem Stil hält: Blickt man auf die Rahmen-Daten, hat sich Merz diese Nominierung durchaus verdient. Er hat die CDU nach 16 Merkel-Jahren mit einem neuen Parteiprogramm inhaltlich neu ausgerichtet. Das scheint vielen Wählern durchaus zu gefallen. Bei Landtagswahlen jedenfalls hat die CDU zuletzt meistens ziemlich gut abgeschnitten – das war vor Merz keineswegs selbstverständlich. In Umfragen ist seine Partei momentan so stark wie alle drei Ampel-Parteien zusammen.

Und schließlich hat es Merz auch als Oppositionsführer verstanden, wahrgenommen zu werden – auch das keine Selbstverständlichkeit. In der Migrationsfrage treibt er die Regierung vor sich her und auch im Wirtschaftsbereich werden dem ehemaligen Black-Rock-Manager von den Wählern hohe Kompetenzwerte zugebilligt. In Zeiten der Wirtschaftskrise ein wichtiger Faktor.

Merz hat sein eigenes Gesellschaftsbild modernisiert

Der amtierende Kanzler Olaf Scholz (SPD) freut sich über den Herausforderer Merz. Er glaubt, diesen leichter schlagen zu können, als den NRW-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst oder eben CSU-Chef Markus Söder. Und tatsächlich hat Merz noch immer ein Image-Problem, das vor allem auf die 90er-Jahre zurückgeht. Damals erlaubte er sich Irrsinnigkeiten wie gegen den Tatbestand der Vergewaltigung in der Ehe zu stimmen oder vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen zu klagen, dass Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte offenlegen müssen.

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Heute lässt sich Merz zwar noch immer manchmal emotional zu unbedachten Äußerungen hinreißen – doch sein Weltbild der 90er Jahre hat er modernisiert. Natürlich wird die politische Konkurrenz trotzdem versuchen, Merz als ewig Gestrigen darzustellen. Dabei kann man sich bei Merz – anders, als es bei einem Kandidaten Markus Söder der Fall gewesen wäre – durchaus vorstellen, dass er nach der Wahl doch mit den Grünen regiert. Egal was er momentan aus taktischen Gründen dazu sagt.

Der Fokus dürfte nun bald auf die SPD wechseln

Mit der Entscheidung in der Union dürfte der Fokus nun auf die SPD wechseln. Denn dort gibt es immer lauter werdende Stimmen, die lieber Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten der größten Regierungspartei sehen würden als Olaf Scholz. Der Amtsinhaber versucht sich als „Friedenkanzler“ zu inszenieren, was bisher aber kaum verfängt. Spätestens, wenn die SPD in Brandenburg am kommenden Sonntag erneut schlecht abschneidet, dürfte diese Diskussion bei den Sozialdemokraten voll entbrennen.

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