Blumen am Boden

Trauernde legten in der Mannheimer Innenstadt Blumen nieder. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck

Mannheim-Attentat: Wenn’s kein Migrant ist, gelten andere Maßstäbe

Attentat in Mannheim! Schon wieder! Als am Montag die Meldung aus meiner kurpfälzischen Heimat durch alle Nachrichten-Seiten flirrte, wurde mir vor allem bang. Um Freundinnen und Freunde, die dort leben, um Verwandte, die dort gern einkaufen gehen, um die Menschen, die der Attentäter verletzt oder getötet hatte, auch wenn ich sie nicht persönlich kenne. So ging es auch vielen Menschen, die auf Social Media und anderswo kommentierten. Und dann gab es da noch die Blaue-Herzen-Fraktion …

Obwohl noch nicht klar war, welche Hintergründe der Anschlag mit einem Auto hatte: „AfD jetzt!“ „Danke, Grüne!“ „Welche Nationalität hatte dieser ,Facharbeiter‘ wohl?“ Wenig später die Meldung: Der Tatverdächtige ist Deutscher ohne Migrationshintergrund. Und laut Behörden psychisch auffällig. Plötzlich Schweigen im blauen Walde.

Islamisten klicken sich besser

Und auch auf den Nachrichtenseiten schob sich das Thema recht schnell nach unten. Wissen wir bei der MOPO leider auch: Ein Islamist klickt sich wie Hulle, ein Deutscher eben nicht so. Was das über unsere Gesellschaft und den Migrations-Diskurs sagt – entscheiden Sie es an dieser Stelle einfach selbst!

Obwohl Äußerungen des Mannes in rechten Foren aus dem Jahr 2018 bekannt waren, schlossen die Behörden ein politisches Motiv schnell aus. Erst eine Recherche eines Antifa-Portals brachte Tage später das Ausmaß zutage: Reichsbürger-Szene, Mitglied des rechtsradikalen „Ringbundes“, Nähe zu einem Waffenhandelsring. Alle Belege aus der Zeit um 2018, aber ein politisches Motiv quasi ausschließen? Und ja, nicht jeder muss einer „Antifa-Quelle“ vertrauen. Aber Aufklärungen um NSU oder Lübcke-Mord etwa wären ohne nicht denkbar gewesen.

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Anstatt zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechts zu diskreditieren, sollte gerade die Union als tragende Kraft der bundesrepublikanischen Geschichte dieses eher stärken. Und dafür Sorge tragen, dass die Behörden psychisch labile potenzielle Gefährder – rechte wie islamistische gleichermaßen – selbst im Blick haben. Je nach Fall mit psychologischer Hilfe oder mit der Härte des Gesetzes. Anschläge werden trotzdem passieren. Aber vielleicht würden es weniger.

Einen Beteiligten mit muslimischem Background gab es übrigens doch: A. Muhammad, Mannheimer Taxifahrer mit pakistanischen Wurzeln. Er stellte den Amokfahrer mit seinem Taxi und verhinderte Schlimmeres.

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