Schicksals-Wahlen: Höckes Triumph wird der Ampel den Rest geben
Ein bisschen haben wir uns inzwischen wohl verloren in all dem Verdruss. Die AfD hat in Umfragen schon wieder zugelegt? Trump wird vielleicht wieder US-Präsident? Frankreich steckt in der politischen Pattsituation? Man nimmt es zur Kenntnis. Auch das Gezanke der Ampel ist zur Dauerbeschallung geworden – das Gehirn inzwischen geübt darin, die Sticheleien der Koalitionäre aus dem Bewusstsein zu schieben. Selbstschutz. Am Sonntag aber wird das nicht mehr gehen.
Denn dann, und das ist so sicher wie der Feierabendstau vor dem Elbtunnel, knallt’s im politischen Deutschland. Nach der drömeligen Sommerpause könnte uns das alle doppelt kalt erwischen.
Nichts wird Sonntagabend sein wie vorher
Klar ist: Nichts wird nach den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen sein wie vorher – selbst dann nicht, wenn es gut laufen sollte für SPD, Grüne und FDP. Das Absurde: Die Regierenden stehen am Abgrund und scheinen einfach stur weitermarschieren zu wollen. Oder?
Die Zahlen sprechen mal wieder für sich: Schaut man sich die letzten Umfragen für Thüringen an, landet die SPD je nach Erhebung bei fünf bis acht Prozent, die Grünen bei zwei bis fünf Prozent und die FDP sogar nur bei zwei bis vier Prozent.
Nicht sonderlich anders sieht es in Sachsen aus, mit dem Unterschied, dass sich hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD andeutet. Der Wahlsieg der Rechtsextremen scheint hier anders als im Nachbarbundesland immerhin noch nicht besiegelt. Und das ist in diesen Zeiten ja fast schon ein Lichtblick.
Die Stimmung war schon schlecht. Dann kam Solingen
Zur Wahrheit gehört aber auch: Viele der Umfragen haben die Stimmung eingefangen, bevor in Solingen ein Mann wahllos auf Menschen einstach und drei von ihnen tötete. Ein Syrer, der eigentlich längst hätte abgeschoben werden sollen. Man muss kein Prophet sein, um zu erahnen, dass es jetzt noch düsterer aussehen dürfte für die Ampel-Parteien in Ostdeutschland: Wenn es schlecht läuft, fliegen sie allesamt am Sonntag aus den Landtagen.
Und dann? Ist die AfD eben stärkste Kraft geworden, und hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) die Regierungsparteien eben aus dem Stand überholt? Geben eben die Rechtsextremen den Ton an, Olaf Scholz (SPD) setzt in Berlin sein Grinsen auf und macht einfach weiter?
Kein Mensch nimmt der Ampel ihre Besserungsgelübde ab
Noch im Juni hatte es nach der herben Klatsche bei der Europawahl bei SPD und Grünen geheißen: aufraffen, neu justieren, weitermachen. Man werde die Wähler wieder mehr in den Blick nehmen, die großen Themen anpacken. Passiert ist davon: herzlich wenig. Stattdessen wurde munter weitergezankt. Kein Mensch wird nach der nächsten Pleite auch nur noch einem dieser Besserungsgelübde glauben.
Olaf Scholz wagt jetzt, wo es für die Ampel eine Minute vor zwölf ist, ein riskantes Manöver: Er will sich unter anderem mit der CDU darüber beraten, was sich nach Solingen in der Asylpolitik ändern muss. Das kann man als gutes Zeichen werten. Dafür, dass eine Antwort auf die Bedrohungslage unserem Kanzler eben doch mehr bedeutet als die Grabenkämpfe mit dem politischen Gegner und die eigene Profilierung. Ein richtiger Schritt, denn was wäre die Alternative? Abwinken und Kopf in den Sand?
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Gleichzeitig aber beschleicht einen das Gefühl, dass der ungewöhnliche Schritt in Richtung Friedrich Merz (CDU) ein Zeichen dafür ist, dass im Scholz-Kabinett eben nur Stillstand wartet. Und dass das Ende der Ampel naht.