Nach Mobbing- und Nötigungsvorwürfen: „Bild“-Chef Reichelt kehrt an Arbeitsplatz zurück
Berlin –
Davongekommen oder wirklich kein Dreck am Stecken? „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt (40) kehrt nach seiner Freistellung wegen eines Compliance-Verfahrens wieder zurück an seinen Arbeitsplatz. Das teilte der Medienkonzern Axel Springer am Donnerstag in Berlin mit. Das Unternehmen ist der Meinung, dass die Beweislage gegen Reichelt keinen Rausschmiss rechtfertigt. Zuvor waren gegen Reichelt Vorwürfe laut geworden, dass er mehrere Mitarbeiterinnen gemobbt, genötigt und ausgenutzt haben soll.
Eine solche Compliance-Untersuchung wie im Fall von Reichelt zielt in einer Firma darauf ab, zu prüfen, ob das Verhalten eines Angestellten regelkonform war und die Richtlinien der Firma eingehalten worden sind. Nach Springer-Angaben standen im Kern der Untersuchung gegen Reichelt die Vorwürfe des Machtmissbrauchs im Zusammenhang mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen sowie Drogenkonsum am Arbeitsplatz.
Springer: Es wäre nicht gerechtfertigt, Reichelt als Chef zu feuern
„Entgegen der in einigen Medien kolportierten Darstellung gab es keine Vorwürfe und auch im Untersuchungsverfahren keine Anhaltspunkte für sexuelle Belästigung oder Nötigung. Julian Reichelt hat die Vermischung von beruflichen und privaten Beziehungen eingeräumt, die oben genannten Vorwürfe jedoch bestritten und dies auch eidesstattlich versichert“, so Springer.
Vom Konzern hieß es weiter: „Der Vorstand ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, Julian Reichelt aufgrund der in der Untersuchung festgestellten Fehler in der Amts- und Personalführung – die nicht strafrechtlicher Natur sind – von seinem Posten als Chefredakteur abzuberufen.“ Bei der Aufarbeitung und Bewertung der Vorwürfe seien auch „die enormen strategischen und strukturellen Veränderungsprozesse und die journalistische Leistung unter der Führung von Julian Reichelt eingegangen.“
Angaben dazu, wie tiefgründig und umfassend das Untersuchungsverfahren tatsächlich war, gab es nicht. Ebensowenig ließ der Konzern offen, wer genau die Vorwürfe aufgeklärt hatte und worin sie überhaupt bestanden.
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Reichelt kehrt nun nach seiner kurzzeitigen Freistellung wieder zurück auf seinen Chefsessel. Also alles beim Alten in der „Bild“-Redaktion? Nicht ganz. Eine Neuerung gibt es nach dem Skandal dann doch: Reichelt muss seine Macht künftig teilen. Die Chefredakteurin von „Bild am Sonntag“ und Mitglied der Chefredaktion der Bild-Gruppe, Alexandra Würzbach (52), wird gleichberechtigte Vorsitzende der Bild-Chefredaktionen.
Alexandra Würzbach und Julian Reichelt haben nun gleiche Macht
Reichelt werde sich künftig auf die Schwerpunkt Bild Print und Digital sowie Bild Live konzentrieren, hieß es von Springer. Würzbachs Bereiche sollen „Bild am Sonntag“ und das übergreifende Personal- und Redaktionsmanagement sein.
Springer weiter:„Für die inhaltliche Ausrichtung aller Produkte der Bild-Gruppe sind Alexandra Würzbach und Julian Reichelt gemeinsam verantwortlich.“ (alp/dpa)