Dortmund: Kerzen erinnern an den Tod eines 16-jährigen Jugendlichen.
  • Dortmund: Kerzen erinnern an den Tod eines 16-jährigen Jugendlichen.
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16-Jähriger erschossen: Heftige Kritik an Polizeieinsatz in Dortmund

Ein 16-jähriger Junge im psychischen Ausnahmezustand, er hat ein Messer. Die Polizei rückt an, elf bewaffnete Uniformierte. Kurz darauf ist der Teenager tot, getroffen von fünf Kugeln aus einer Maschinenpistole. Wie konnte es zu so einer Eskalation kommen? Der Einsatz der Beamten aus Dortmund wirft Fragen auf, macht viele fassungslos, wird hinterfragt und kritisiert. Auch von Experten.

Was geschehen ist: Die Polizei wurde am Montagnachmittag zu einer Jugendhilfeeinrichtung gerufen. Ein 16-jähriger, unbegleiteter Flüchtling aus dem Senegal hantierte dort mit einem Messer. Der Junge war kurz vorher wegen psychischer Probleme noch in der Psychiatrie. Warum er das Messer dabei hatte und was er eigentlich damit vorhatte – unklar. Laut Staatsanwaltschaft stehen suizidale Absichten im Raum.

Der Teenager war außer Kontrolle, er hat die Polizisten wohl angegriffen. Als Abwehr setzten die Reizgas und Taser ein. Was die Lage nicht beruhigte. Dann die Eskalation: Ein 29 Jahre alter Polizist schoss. Nicht ein Mal – sondern eine ganze Salve, sechs Schüsse aus der Maschinenpistole. Fünf davon trafen den 16-Jährigen, er starb im Krankenhaus.

Experte: „Bei solchen Einsätzen sollte immer ein Psychologe oder Psychiater dabei sein“

Eine Maschinenpistole? Bei so einem Einsatz? Das macht auch den Bochumer Kriminologen Prof. Thomas Feltes fassungslos. „Das ist überhaupt nicht nachvollziehbar“, sagte er der dpa. Die MP sei vor allem für Amoklagen gedacht – nicht für Einsätze gegen psychisch auffällige Jugendliche.

„Bei solchen Einsätzen sollte immer ein Psychologe oder Psychiater dabei sein“, sagte Feltes. Und er merkt an, dass Pfefferspray bei psychisch Kranken oft einen paradoxen Effekt hat: „Sie empfinden das als unmotivierten Angriff und starten einen Gegenangriff. Es ist immer das gleiche Muster“, so Feltes.

16-Jähriger erschossen: Kritik an Polizeieinsatz

Die Frage sei auch, ob die Beamten wussten, dass der Junge kein Deutsch versteht. In solchen Situationen seien Worte entscheidend: „Wenn der Betroffene nichts versteht, ist ein Angriff programmiert.“ Der Einsatz fand ein schlimmes Ende.

Gegen den 29-jährigen Beamten, der geschossen hat, wird jetzt intern ermittelt. Und wie das abläuft, ist zumindest bemerkenswert: Wenn es bei Polizisten um Straftaten geht, ermittelt stets eine externe Dienststelle – aus „Neutralitätsgründen“. In diesem Fall ist das Recklinghausen. Gegen einen dortigen Beamten wird allerdings gerade von der Dienststelle Dortmund ermittelt: In Recklinghausen starb am Sonntag ein Mann, nachdem er in einer Wohnung randaliert, massiv Widerstand geleistet und schließlich von der Polizei fixiert wurde. Die „Neutralitäts“-Zuständigkeiten sind bei der Polizei fest verteilt – Recklinghausen und Dortmund ermitteln stets gegenseitig.

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Kann man da noch ernsthaft von Neutralität sprechen? Ja, sagt das Innenministerium. Wohl kaum, finden Experten. Rafael Behr von der Akademie der Polizei Hamburg sagte dem WDR: „Wir fordern schon lange einen Polizeibeauftragten, der nicht im Hierarchiesystem der Polizei verortet ist, aber Ermittlungskompetenz hat.“ Und Kriminologe Thomas Feltes plädierte dafür, für polizeiinterne Ermittlungen eine eigenen Stelle beim Landeskriminalamt zu schaffen. (miri/dpa)

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