Ärzte alarmiert: Medikamenten-Mangel auch in diesem Winter
Wer Antibiotika, Fiebersaft oder Augentropfen sucht, muss bald wohl wieder mehrere Apotheken abklappern: Hausärzte und Apotheker sind alarmiert, weil in Deutschland schon wieder wichtige Medikamente fehlen – und das ausgerechnet in der Erkältungszeit! Dabei hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) doch von Besserung gesprochen.
„Die Hausarztpraxen kämpfen jeden Tag mit massiven Lieferengpässen bei vielen dringend notwendigen und weit verbreiteten Medikamenten“, so die Hiobsbotschaft der Co-Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Inzwischen sei eine „ganze Palette von Medikamenten“, die in den Praxen regelmäßig verschrieben würden, von Lieferschwierigkeiten betroffen, sagt sie am Montag dem RND. Auch Kinderärzte und Apotheker warnen.
Ärzte sind wegen Lieferproblemen alarmiert
Drastische Worte, die genau im Gegensatz zu dem stehen, was Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) noch im September verlauten ließ: „Wir sind besser aufgestellt als im letzten Jahr“, sagte er da. Ganz auszuschließen sei es zwar nicht, aber es könne gelingen, ohne Engpässe bei Kinder- und Jugendmedikamenten durch den Winter zu kommen. Denn die Pharmaindustrie habe die Produktion von Schmerzmitteln, Fiebersäften und Antibiotika hochgefahren.
Doch von Entspannung sei nichts zu spüren, sagt jetzt Buhlinger-Göpfarth. „Die Rückmeldungen von den Kolleginnen und Kollegen legen nahe, dass sich die Lage im Vergleich zu vergangenem Jahr eher weiter zugespitzt hat.“ Das zeigt sich auch beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), bei dem für mehr als 500 Medikamente Lieferengpässe gemeldet sind – vergangenen Herbst waren es 300.
Medikamenten-Mangel: Schnelle Lösungen nicht in Sicht
Überraschend kommt das nicht, schließlich gab es Zweifel daran, ob Lauterbachs neues Gesetz gegen den Mangel wirklich Abhilfe schafft. Seine Strategie: Bessere Bezahlung von Medikamenten durch Krankenkassen, damit sich Lieferungen nach Deutschland mehr lohnen, eine Pflicht zu mehr Lagerung und eine Förderung der Produktion in Europa.
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Doch schnelle Lösungen zeichnen sich bei den strukturellen Gründen für die Engpässe nicht ab: Medikamente werden immer günstiger, besonders wenn die Patente auslaufen. Die Produktion der Wirkstoffe hat sich nach Asien verschoben und ist auf Kante genäht, weltweit gibt es nur noch wenige und dann sehr spezialisierte Hersteller mit kaum Lagerkapazitäten. So wirken sich Probleme gleich auf die ganze Lieferkette aus und Mehr-Bedarf bei einer Krankheitswelle kann kaum gedeckt werden.
Lieferprobleme: Diese Medikamente sind betroffen
Schnelle Abhilfe schaffen soll jetzt eine Dringlichkeitsliste für Kinderarzneien, die seit Freitag gilt. Die dort aufgeführten Mitteln dürfen Apotheker ohne Rücksprache mit einem Arzt gegen ein wirkgleiches Produkt tauschen. Doch die Apotheken finden die Liste unpraktikabel und kritisieren einen hohen bürokratischen Aufwand.
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Und was heißt das jetzt für Patienten? Lieferengpässe bedeuten nicht gleich Versorgungsmangel, da man teilweise auf andere Produkte ausweichen kann. Eng wird es aber, wenn ganze Gruppen knapp werden. Die betroffene Medikamenten-Liste sei regional unterschiedlich und ändere sich ständig, so Buhlinger-Göpfarth. Besonders betroffen seien Antibiotika für Kinder und Erwachsene, Blutdrucksenker, Psychopharmaka, Augentropfen und -salben und bestimmte Cholesterinsenker. (ncd)