Alarmierende Studie: Immer weniger Menschen leben weltweit in Demokratien
Demokratie auf dem Rückzug, Diktaturen auf dem Vormarsch: Eine aktuelle Studie zeichnet ein düsteres Bild, immer weniger Menschen leben in freien und fairen Staatsformen – der Anteil der autoritär regierten Staaten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Auch die Corona-Pandemie spielt eine zentrale Rolle.
Zu der negativen Prognose kam die britische „Economist“-Gruppe in ihrem gestern veröffentlichten „Demokratieindex“ – und nahm vor allem auch Corona in den Fokus: „Die Pandemie hat zu einem beispiellosen Entzug der bürgerlichen Freiheiten sowohl in entwickelten Demokratien als auch in autoritären Regimen geführt“, hieß es.
Das liege an Lockdowns und Reisebeschränkungen sowie zunehmend an Corona-Pässen als Bedingung für die Teilnahme am öffentlichen Leben. Die Pandemie habe zur Normalisierung von Notstandsbefugnissen geführt, Bürger:innen würden an eine enorme Ausweitung der Staatsgewalt in weiten Bereichen des öffentlichen und persönlichen Lebens gewöhnt, so die Studie. Die Pandemie habe in vielen Ländern zu einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung geführt.
Studie: Immer weniger Menschen leben in fairen Staatsformen
Demnach lebten 2021 noch 45,7 Prozent der Weltbevölkerung in irgendeiner Form einer Demokratie. Das waren noch einmal deutlich weniger als 2020 mit 49,4 Prozent. Alarmierend: In einer „vollständigen Demokratie“ lebten sogar nur 6,4 Prozent, ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr (8,4 Prozent). Weit mehr als ein Drittel der Menschen leben nach den Untersuchungskriterien in einer Diktatur – 37,1 Prozent, die meisten in China, bedeuteten ein leichtes Plus zu 2020. Der Anteil der autoritär regierten Staaten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen.
Vor allem China spiele eine unrühmliche Rolle, so die „Economist“-Gruppe: „China ist nicht demokratischer geworden, während es reicher geworden ist. Im Gegenteil, das Land ist unfreier geworden“, hieß es zur Begründung. Menschenrechtler:innen klagen über zunehmende Überwachung sowie die Repression von Regierungskritiker, Andersdenkenden und Minderheiten.
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Die chinesische Führung nutze die Pandemie als Beweis, dass ihr politisches System dem liberalen westlichen Demokratiemodell überlegen sei, schrieben die Autor:innen. Es komme nun auf die Reaktion an. „Die tatsächliche Herausforderung für den Westen wird nicht sein, China davon abzuhalten, eines Tages die dominante globale Macht zu sein.“ Dies sei ohnehin fast unvermeidlich.
Spitzenreiter des „Demokratieindex“ bleibt Norwegen. Dahinter kletterte Neuseeland vom vierten auf den zweiten Platz, gefolgt von den übrigen nordischen Staaten Schweden, Finnland, Island und Dänemark. Deutschland liegt mit derselben Punktzahl wie im Vorjahr auf dem 15. Platz und gehört zur höchsten Kategorie der „vollwertigen Demokratien“.
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Kritik übten die Autor:innen an zwei großen Staaten in Europa. So stuften sie Spanien zu einer „mangelhaften Demokratie“ herab. Grund war eine schwächere Einschätzung der Unabhängigkeit der Justiz wegen politischen Streits über die Ernennung von Richtern.
Hingegen bleibt das Vereinigte Königreich zwar eine „vollständige Demokratie“. Allerdings rutschte es in der Rangliste dennoch ab – mehrere Skandale hätten das Vertrauen in die Regierung untergraben, hieß es. Der britische Premierminister Boris Johnson steht wegen der „Partygate“-Affäre seit Wochen in der Kritik. (dpa)