Auch in Hamburg: Gibt es bald an allen Schulen Unisex-Toiletten?
Wer aufs Klo möchte, muss sich bislang meist entscheiden. Mit der Trennung nach Geschlechtern ist nun auch an einer Ulmer Schule Schluss. Hamburg tastet sich an geschlechtsneutrale Toiletten ebenfalls heran. Setzt sich die Idee auch andernorts flächendeckend durch?
An der Sägefeldschule in Ulm gibt es sie jetzt auch: eine Toilette für alle. Wurde früher noch zwischen WCs für Jungen und Mädchen unterschieden, gibt es an der Grund- und Werkrealschule heute nur noch eine gemeinsame Toilette für alle älteren Schülerinnen und Schüler, wie Schulleiterin Cornelia Euchner erklärt. Und das funktioniere außerordentlich gut.
Was an der Ulmer Schule seit diesem Frühjahr zum Alltag gehört, ist abgesehen von Ausnahmen – etwa in Hamburg – an den meisten Schulen in Deutschland noch kein Thema. Wird es demnächst eins? Die Entwicklungen in einigen Bundesländern sprechen dafür.
Die neue Unisex-Toilette verfügt nur noch über Kabinen, die Pissoirs sind passé
Anlass für die sogenannte Unisex-Toilette in Ulm war der „desolate Zustand“ des bisherigen Schulklos, wie Schulleiterin Cornelia Euchner sagt. Das Klo wurde ständig beschädigt und war auf dem Schulhof gelegen auch für Fremde zugänglich. Für einen Neubau kam schnell der Vorschlag für eine „Toilette für alle“ auf. Auch wenn es zunächst Bedenken bei Lehrern wie Schülern gegeben habe, hätten sich alle schnell daran gewöhnt, sagt Euchner.
Die neue Toilette verfügt nur noch über Kabinen, die Pissoirs sind passé. Die Waschbecken sind durch bodentiefe Fenster gut einsehbar. Außerhalb der Pausen kommen die Schüler nur mit einem digitalen Chip herein.
Geschlechtertrennung gerät in den Hintergrund
Sie habe sich eine Toilette für alle irgendwie anders vorgestellt, sagt Mona aus der Klasse 7a. Inzwischen habe sie sich daran gewöhnt, dass Jungs mit im Raum seien. Ibrahim aus der 9a gefällt vor allem, dass das WC schön neu sei.
Schulleiterin Euchner sieht in der neuen Toilette auch eine Wertschätzung der Schüler. Da nun alle denselben Toiletten-Raum nutzten, gerate eine Trennung nach Geschlechtern zudem in den Hintergrund und eine mögliche Diskriminierung komme so gar nicht erst auf. Für die Grundschüler, ein Drittel der rund 300 Schüler, gibt es noch eine weitere Toilette – getrennt nach Jungs und Mädchen.
Weit verbreitet sind die geschlechtsneutralen Toiletten an deutschen Schulen bislang nicht
Der Vorsitzende des Landeselternbeirats in Baden-Württemberg, Michael Mittelstaedt, hält sogenannte Unisex-Toiletten an Schulen durchaus für einen „pragmatischen Ansatz“. Bei einem anstehenden Neubau seien sie eine sinnvolle und wirtschaftliche Lösung.
Weit verbreitet sind die geschlechtsneutralen Toiletten an deutschen Schulen bislang aber nicht. Am Goethe-Gymnasium in Freiburg gebe es seit Jahresanfang eine Unisex-Toilette, teilt eine Sprecherin der Stadt mit. In Tübingen liegt der Stadt ein Antrag vor, sie an allen weiterführenden Schulen einzurichten. Auch in Nordrhein-Westfalen werden Forderungen nach Unisex-Toiletten lauter. Aktuell gebe es noch eher wenige in NRW, sagt Laura Körner, Vorstand LandesschülerInnenvertretung auf Anfrage. Aber der Wunsch von Seiten der Schüler und Schülerinnen nehme „immer weiter zu“.
Kein Thema sind die geschlechtsneutralen Klos bislang etwa in Sachsen, wie das Landesamt für Schule und Bildung mitteilt. Auch in Bayern sieht Henrike Paede vom Landesvorsitz des Bayerischen Elternverbands bei der breiten Mehrheit kein Interesse an dem Thema. Sie vermute auch nur eine geringe Verbreitung.
So geht Hamburg mit Unisex-Klos an Schulen um
Und in Hamburg? Einem „taz“-Bericht zufolge treibt auch unsere Stadt die Installation von Unisex-Klos an Schulen voran. So stellten Schulsenator Ties Rabe und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) vergangenes Jahr das Modul-Konzept „Hamburger Klassenhaus“ vor, mit dem in nur 21 Wochen aus Stahlrahmen-Modulen mehrstöckige Schulhäuser entstehen. Die Fassade kann dabei unterschiedlich aussehen, auch bei der Innen-Gestaltung haben die Schulen ein Mitbestimmungsrecht.
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Aber: Laut Grundriss ist bei den „Klassenhäusern“ immer nur ein großer Toilettenraum pro Stockwerk vorgesehen. Ein Sprecher der Finanzbehörde erklärte der „taz“ damals auf Nachfrage, dass es sich dabei um Unisex-Klos handele. Die sollen nicht als „dritte Option“ angeboten, sondern als „Toilettenanlage für alle Kinder“ installiert werden. „Alle Anlagen haben getrennte Kabinen, auf Pissoirs wird dabei verzichtet“, so der Sprecher.
Am Marion-Dönhoff-Gymnasiums in Blankenese wird das „Klassenhaus“-Konzept schon umgesetzt, dort sind die Toiletten nach Stockwerk getrennt – allerdings etwas anders als im von Rabe und Dressel vorgestellten Konzept geplant: Im obersten Stockwerk befindet sich eine Jungstoilette, auf der mittleren Etage eine Unisex-Toilette und im Erdgeschoss sind die Klos für Mädchen. „Wir haben das lange diskutiert“, sagte Schulleiter Christian Gefert zur „taz“. Mit der Lösung hoffe man, allen gerecht zu werden. (mik/dpa)