Tunnel in Gaza
  • Ein Soldat der israelischen Armee in einem Tunnel der Hamas.
  • Foto: Victor R. Caivano/AP/dpa

Bäder, Betten, Klimaanlagen: So ausgefeilt ist das geheime Tunnelsystem der Hamas

Der kleine Raum ist sauber weiß gefliest, mit Toilette und Waschbecken ausgestattet. Für den angenehmen Bad-Komfort fehlt nur das Tageslicht, aber das lässt sich hier nicht machen: Der Raum befindet sich unter der Erde. Er ist Teil des Tunnelnetzwerks, das die Hamas unter der Al–Schifa-Klinik in Gaza-Stadt angelegt hat. Das israelische Militär zeigt auf Social Media Aufnahmen aus dem System. Und die belegen, wie enorm professionell die Terroristen vorgehen.

Seit Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober hat das Militär rund 400 Tunnelschächte im Gazastreifen zerstört. Und davon viele unter zivilen Krankenhäusern, Schulen und Häusern.

Im Boden des rund 45 Kilometer langen und etwa sechs bis 14 Kilometer breiten Gazastreifens mit seinen mehr als zwei Millionen Einwohnern gibt es ein Netz an unterirdischen Tunneln. Aber wie kann es sein, dass die Hamas ein solch umfangreiches System angelegt hat, ohne auffälliges schweres Gerät? Braucht man nicht Bagger? Nicht hier: Denn die Gegend ist geografisch besonders, der Boden besteht aus einzelnen Sandschichten, es gibt aber keine Felsen oder Geröll. Das macht das Graben leichter.

Und, so erläutert der Geologe Joel Roskin im Interview mit der Zeit, die Palästinenser sind Experten im Tiefbau: „Es begann mit Brunnenbauern. Weil es im Gazastreifen praktisch kein Oberflächenwasser gibt, musste das Wasser seit jeher aus dem Untergrund kommen.“

Roskin lehrt an der Bar-Ilan-Universität in Jerusalem und forscht seit Jahren über die Tunnel: „Das Wissen über das Graben und die Geologie an sich wurde über Generationen weitergegeben und -entwickelt“, sagt er.

Der Boden des Gazastreifen eignet sich perfekt für Tunnel

Für die Hamas-Terroristen – und wohl auch viele der Geiseln – sind die Tunnel momentan ihr Lebensmittelpunkt. „Ich würde erwarten, dass sich im Kernbereich, in etwa 20 bis 30 Metern Tiefe, die Logistikeinrichtungen und Schlafsäle für die Hamas-Soldaten befinden“, so Joel Roskin. „Dieser Teil ist wegen seiner Lage schon ziemlich gut vor Luftangriffen geschützt.“

Die Tunnel sind einsturzsicher betoniert und teils mit Strom versorgt. Im Schnitt sind sie zwei Meter hoch und einen Meter breit, einige sind aber auch groß genug für Fahrzeuge. Um israelischen Bomben aus der Luft widerstehen zu können, reichen manche Dutzende Meter unter die Erde. Viele Zugänge sollen in Wohnhäusern oder Moscheen liegen.

Tunnel unter der größten Klinik des Gazastreifens

Oder eben unter Krankenhäusern. „Der unterirdische Zugang unter der Schifa-Klinik wurde von der Hamas mit Sand zugeschüttet, um ihn unzugänglich zu machen“, sagte Militärsprecher Daniel Hagari, ein ehemaliger Kampfschimmer, der für viele mittlerweile das Gesicht der israelischen Armee ist– er berichtet fast täglich über die Entwicklungen. „Der Tunnel wurde freigelegt, führt zu einem Tunnel mit einer Länge von mehr als 55 Metern“, so Hagari. Ein Video zeigt: Sogar eine Klimaanlage gibt es, der Strom kam aus der Schifa-Klinik, sagt das Militär.

„Das Hamas-Terrortunnel-Netzwerk unter dem Krankenhaus hat auch Strom und Ressourcen ausgebeutet, die aus dem Krankenhaus genommen wurden“, berichtete Hagari jetzt. Obendrein wurden Waffen in dem Krankenhaus und auf dem Gelände gelagert.

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Am Donnerstag teilte das Militär mit, dass man den Direktor der Klinik festgenommen hat: Mohammad Abu Salamia wurde zur Befragung an den Nachrichtendienst übergeben. Aber, so wurde betont: Nicht, weil die Israelis davon ausgehen, dass der Mediziner Mitglied der Hamas ist.

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