Unwetter: Ein Meteorologe erklärt, wie es zu der Katastrophe kommen konnte
Ganze Landstriche in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind verwüstet, Häuser eingestürzt, Autos wurden von Wassermassen mitgerissen: Die Auswirkungen des Unwetters sind verheerend. Mindestens 90 Menschen sind gestorben, allein in Rheinland-Pfalz werden noch fast 100 Menschen vermisst. Politiker eilten ins Katastrophengebiet.
Nach den Überschwemmungen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen steigt die Zahl der Toten weiter – und vielerorts ist die Lage noch immer unübersichtlich. Allein in Rheinland-Pfalz werden nach offiziellen Angaben noch fast 100 Menschen vermisst. Vor allem im Landkreis Ahrweiler (Rheinland-Pfalz) hatte der extreme Starkregen eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes verursacht. In den Fluten starben dort bisher mindestens 28 Menschen. Eine Sprecherin des Kreises sagte, dass derzeit sogar bis zu 1.300 Menschen noch vermisst werden – erklärte das jedoch auch mit dem teilweise lahmgelegten Mobilfunknetz. Auch die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Malu Dreyer (SPD) sagte, es sei oft schwierig, die Vermissten zu erreichen.
Darum spielt das Wetter in Deutschland verrückt
Grund für die heftigen Niederschläge ist eine sogenannte „blockierende Wetterlage“, erklärt Meteorologe Alexander König im Gespräch mit der MOPO. „Dieses Tief ,Bernd‘, das die Niederschläge gebracht hat, saß mehrere Tage über Deutschland fest, da der Weg Richtung Osteuropa versperrt war.“
Sonst ziehen die Tiefdruckgebiete über Deutschland hinweg. Dabei gibt es auch mal kräftigen Regen, der sich jedoch gut verteilt. Doch durch das blockierende Hochdruckgebiet über Osteuropa konnte das Tief nicht abziehen und versorgte sich stattdessen immer wieder mit neuen feuchten Luftmassen aus dem Mittelmeerraum und vom Atlantik. Diese teils kühlen, teils heißen Luftmassen führten dann zu den heftigen Regenfällen.
Regen und Sturzfluten im Bergland
Das Spezielle an der Wetterlage im Südwesten Deutschlands ist, dass extreme Regenmengen nicht nur punktuell, sondern großflächig gefallen sind. „Das waren enorme Massen auf eine riesengroße Region,“ sagt Meteorologe König. Zusammen mit der besonderen Landschaft kam es zu den katastrophalen Sturzfluten: „Da kommt dann das Bergland mit ins Spiel, denn wenn so viel Wasser auf das platte Land fällt, kann es natürlich auch Überschwemmungen geben, aber diese tödlichen Sturzfluten, die haben wir natürlich vorrangig im Bergland.“
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Gerda Hasselfeldt, die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, forderte gestern bessere Prävention – dazu gehöre, Notunterkünfte, Zelte, Feldbetten, Trinkwasser und sanitäre Anlagen für solche Fälle bereitzuhalten.
Ist der Klimawandel schuld?
Aber steckt hinter diesen heftigen Unwettern der Klimawandel, wie Greenpeace oder die Klimaaktivistin Greta Thunberg sagen – und wie nun auch einige deutsche Politiker einräumen? Alexander König ist davon überzeugt: „Während wir es bei lokalen Einzelereignissen nicht immer zuordnen können, ist das eine Wetterlage, die man dem Klimawandel zuschreiben kann.“ Es gebe Untersuchungen und Studien zu derartigen Wetterlagen mit eindeutigen Ergebnissen.
Wetter-Experte gibt Prognose für Hamburg
Doch nicht nur massive Niederschläge in den Sommermonaten werden in Zukunft häufiger werden, sondern auch lange Trockenperioden, Dürre und große Hitze. Stadtplaner müssten diese Veränderungen im Blick haben, um für möglichst guten Schutz zu sorgen, sagt König. „Wie viel kann die Kanalisation aufnehmen, werden Überschwemmungsflächen ausgewiesen, so was muss man ganz stark in den Fokus nehmen.“ Vor Trockenheit und Hitze helfe vor allem die Begrünung von Städten.
Mit Blick auf Hamburg beruhigt König. Zwar könnten diese Regenmengen auch hier fallen, doch Hamburg habe „den glücklichen Umstand, nicht zum Bergland zu zählen“. Tödliche Sturzfluten seien da unwahrscheinlicher.