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Der Winter kommt: Was tun gegen den Corona-Blues?

Hannover –

Es wird dunkel draußen, der Winter kommt. Manche Menschen leiden darunter mehr als andere, die Stimmung verdüstert sich mit dem Wetter. Macht die Corona-Pandemie jetzt alles noch schlimmer? Und was kann man dagegen tun?

T-Shirts mit scherzhaften Motiven rund um die Corona-Pandemie haben Konjunktur. Der Krankheit mit Humor ein Schnippchen schlagen, sich nicht unterkriegen lassen – darum geht es. Nur: Wenn das so einfach wäre, jetzt, wo der Winter und mit ihm wohl eher düstere Tage vor der Tür stehen, man nicht mehr so gerne nach draußen geht. Wird der Winterblues oder die Winterdepression in diesem Corona-Jahr schlimmer als sonst? Eine Hoffnung gibt es: „Wir werden diesen Winter überstehen, der Frühling wird kommen“, sagt Ralph Schliewenz vom Berufsverband Deutscher Psychologen in Berlin.

Corona-Blues: Wenn im Winter die Depression kommt

Aber bis dahin? Niemand weiß, wie lange der Teil-Lockdown am Ende dauern wird, viele Menschen arbeiten im Homeoffice, man sieht sich immer seltener. Und wenn dann noch das Schmuddelwetter einsetzt, mit grau verhangenem Himmel und wenig Sonne? „Corona macht Stress“ betont der Experte. Und: „Ich gehe davon aus, dass wir am Anfang eines Pandemie-Jahrzehnts stehen.“ Gute Aussichten. Optimistischer allerdings beurteilt er die Fähigkeiten der Menschen, mit der Pandemie und ihren Folgen umzugehen. Menschen seien so programmiert, „dass es weiter geht, dass wir Lösungen finden“.

Lösungen finden. Nicht einfach, wenn man gerade mit schlechter Stimmung kämpft und grübelt. Denn: „Depressive leiden deutlich stärker“, sagt Detlef Dietrich, Ärztlicher Direktor und leitender Arzt der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie der Burghof-Klinik in Rinteln. Ärzte in China hätten schon in der ersten Phase der Corona-Pandemie häufiger Ängste, Depressionen und Schlafstörungen festgestellt, eine österreichische Studie gehe gar von einer Verfünffachung der depressiven Störungen aus.

74 Prozent der Depressiven fanden Frühjahrs-Lockdown bedrückend

Das im November veröffentlichte „Deutschland-Barometer Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ergab, dass im Frühjahr fast jeder zweite dieser Patienten Einschränkungen bei der Behandlung erlebte – wegen ausgefallener Arzttermine oder Klinik-Aufenthalte. Das könnte sich jetzt wiederholen. Laut Barometer empfanden 74 Prozent der Menschen mit Depressionen den Lockdown im Frühjahr als bedrückend, in der Bevölkerung insgesamt waren es 59 Prozent. Im Teil-Lockdown hätten depressiv Erkrankte mehr Zeit zum Grübeln und könnten noch tiefer in die Depression geraten.

Dietrich geht davon aus, dass jährlich bis zu 800.000 Menschen in Deutschland eine Winterdepression entwickeln – das mache etwa ein Fünftel der Gesamtzahl der Depressionsfälle in Deutschland aus. Und Ängste, allgemeines Stressgefühl und Depressionen hätten in der Krise „signifikant zugenommen“, vor allem jüngere Menschen zwischen 20 und 50 Jahren seien betroffen. Warum? Möglicherweise litten sie besonders unter der Sorge um die Kinder, die Eltern oder den Arbeitsplatz – oder unter der Mehrfachbelastung, sich um Kinder und Eltern kümmern zu müssen. „Es ist zu vermuten, dass solche Belastungen insgesamt die Zahl depressiv Erkrankter ansteigen lassen.“

Lichtmangel führt zu Winterdepressionen

Der wohl wichtigste Auslöser einer Winterdepression ist Lichtmangel, gerade in der dunklen Jahreszeit nicht ganz einfach zu umgehen. Dieser wirke sich vor allem bei entsprechender Veranlagung aus, sagt Dietrich. Unabhängig vom Lichtmangel könnten weitere Faktoren zu Depressionen führen – ein gewisses genetisches Risiko, wenn man nicht gelernt habe, richtig mit Stress umzugehen, Einsamkeit, soziale Unsicherheit, auch Angst vor Ansteckung. Und dass der soziale Rückzug in der Pandemie sich als krankmachender Faktor auswirkt – „das ist so“.

Zumal Vereinsamung womöglich die „Grübelprozesse, die ein wichtiger Faktor bei Depressionen sind“, verstärkt, wie Jörg Hermann vom Vorstand der Psychotherapeutenkammer Niedersachsen sagt. Andererseits gebe es auch Menschen, die es positiv fänden, mehr Zeit für sich zu haben. Wer aber ohnehin mit Vereinsamung zu kämpfen habe, sei stärker betroffen. Und wenn Ängste da seien, zögen Menschen sich zurück – das verstärke das Problem.

Was passiert da eigentlich im Körper?

Was passiert dabei eigentlich im Körper? Bei Dunkelheit produziere der Körper Melatonin, das Schlafhormon, Helligkeit dagegen führe zu mehr Serotonin, dem Glückshormon. Entsprechend beeinflussten die Stoffe die Stimmung, sagt Schliewenz. Wobei man zwischen einer echten Winterdepression und dem sogenannten Winterblues bei sensiblen Menschen unterscheiden müsse, erklärt Dietrich. Die Direktorin des Instituts für Sozialmedizin und Arbeitsmedizin der Universität Leipzig, Steffi Riedel-Heller, schreibt, dass vermutlich eher rezessionsbedingt mit einer Zunahme psychischer Störungen zu rechnen sei. Da kommt wieder die Angst vor dem Job-Verlust ins Spiel.

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Psychiater Ulrich Hegerl als Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe macht klar, dass Depression eine schwere, oft lebensbedrohliche und behandlungsbedürftige Erkrankung sei. Aber sensible Menschen können etwas tun, da sind sich die Experten einig: Radfahren, Joggen, Spaziergänge, positive Erlebnisse herbeiführen und soziale Kontakte halten, wie Dietrich sagt. Auch die Video- und Telefontherapie sei für viele die Chance, in Kontakt zu bleiben, erklärt Hermann. Schliewenz fordert zu Bewegung auf: „Liebe Leute, raus mit euch!“ Hermann betont: „Man hat es selbst in der Hand.“ (dpa/km)

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