Deutschlands ältester Mensch Charlotte Kretschmann: So wurde ich 113
Rotwein, Schokolade und vor allem Sport: Laut Charlotte Kretschmann alles Zutaten für ein langes Leben – und sie muss es wissen, denn mit 113 Jahren ist sie Deutschlands ältester Mensch. Ihr Leben? Wie ein aufgeschlagenes Geschichtsbuch. Doch die rüstige Rekordhalterin lebt bei Weitem nicht nur in der Vergangenheit – auch auf Instagram ist sie unterwegs.
Im ganzen Land ist wohl niemand älter als Charlotte Kretschmann, die in einem Seniorenheim in Kirchheim unter Teck in Baden-Württemberg ihren Lebensabend verbringt. Rekord hin oder her, ihr besonderes Alter sieht die Seniorin selbst recht entspannt: „Wissen Sie, ich hab mir das ja nicht ausgesucht. Ich kann da nichts für. Jeder Mensch kann den nächsten Tag erleben, da muss er selbst gar nichts für tun“, sagt sie im Interview.
Charlotte Kretschmann ist mit 113 die älteste Deutsche
So wirklich sieht man ihr ihr Alter nicht an, Kretschmann liest noch Zeitung, sie trinkt gerne mal ein Glas Rotwein zum Essen und liebt Schokolade. „Mein Kopf stimmt 150-prozentig“, sagt sie stolz. Nur der Rollstuhl, der macht ihr derzeit zu schaffen, sie will wieder ihren Rollator nutzen können und trainiert deshalb regelmäßig mit dem Physiotherapeuten.
Viel Trauriges hat sie erlebt und viel Schönes, erinnert sich „Lotte“ Kretschmann, wie sie auch genannt wird. Weltkriege hat sie durchlitten und Wirtschaftskrisen erduldet, sie hat die Teilung Deutschlands ebenso bedauert, wie sie die Wiedervereinigung gefeiert hat, sie hat Währungen kommen und gehen sehen, und selbst das Coronavirus hat sie im vergangenen Sommer nicht umgeworfen. „Ich habe nur niemanden gesehen, niemanden gehört und niemanden gesprochen. 14 Tage am Fenster und jedes Blatt beobachten. Das möchte ich nicht nochmal durchmachen.“
Und natürlich drängt sich die Frage auf, was das Geheimnis ist für solch ein langes Leben. „Der Sport war’s, die Bewegung selbst im Winter“, sagt Kretschmann. „Aber sicher auch meine glückliche Kindheit.“ Im Jahr 1909 in Breslau im heutigen Polen geboren, habe sie von ihren Eltern alles bekommen, was sie wollte. „Die schönsten Kleidchen, gute Ernährung, eine liebe Betreuung“, erinnert sich Kretschmann. Beim Sport lernte sie ihren Mann Werner kennen, sie tanzten oft zusammen, eine „Liebe auf den ersten Blick“, wie sie sagt.
War denn früher auch sonst alles besser und vielleicht einfacher, als es heute ist in einer Welt des Klimawandels, der Energiekrise und des erneut aufziehenden Kalten Kriegs? Kretschmann winkt ab und sagt: „Jede Generation hat ihr Leben bestanden. Und wir haben das auch nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg hinbekommen.“
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Auch im Alter achtet die aufgeweckte Rekordhalterin auf ihr Äußeres, alle zwei Wochen geht sie zum Friseur, wie sie erzählt. Sie hat lackierte Nägel und trägt Parfüm. „Die Eitelkeit hab ich mir bewahrt“, sagt sie. „Darauf will ich im Alltag nicht verzichten.“ Und sie verbringt diesen Alltag nicht nur mit den Enkeln und fernen Verwandten – sondern auch auf Instagram: Auf ihrem Kanal postet sie immer mal wieder Schnappschüsse aus ihrem Leben, sei es vom Shoppen, vom Weihnachtsfest oder dem Ausflug. Ihr Enkel Peter Baur hilft ihr dabei.
„Vom Gefühl her“ sei seine Großmutter einfach deutlich jünger, sagt er. Und wenn sie so weitermache, habe sie noch einige Zeit vor sich. Auch Charlotte Kretschmann verschwendet keine Gedanken an den Tod. „Das bringt ja nichts, irgendwann kommt es einfach, und ich kann am wenigsten etwas dafür.“