Covid-Patienten werden auf dem Flur eines indonesischen Krankenhauses versorgt.
  • In Surabaya müssen – wie vielen indonesischen Krankenhäusern – Covid-Patienten auf den Fluren versorgt werden.
  • Foto: (c) dpa

Schlimmer noch als Indien: Wie in Asien gerade ein neuer Corona-Hotspot entsteht

Die Infektionszahlen steigen und steigen: Fast nirgendwo auf der Welt stecken sich derzeit so viele Menschen mit Corona an wie in Indonesien. Das Fatale: Viele von ihnen waren sogar schon vollständig geimpft. Was ist da los?

Indonesien wird von einer Corona-Welle heimgesucht, die alles übertrifft, was das Land mit seinen gut 273 Millionen Einwohnern während der Pandemie erlebt hat. Rund 50.000 Menschen stecken sich derzeit im Schnitt jeden Tag neu an – und das sind nur die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer in dem Inselstaat dürfte viel höher liegen. Damit überholt Indonesien nun sogar Indien, wo die Zahlen derzeit auf durchschnittlich 38.000 Neuinfektionen pro Tag gesunken sind. Indonesien dagegen sei „das globale Zentrum“ der Viruskrise, schrieb die Zeitung „Jakarta Globe“ jüngst.

Friedhofsmitarbeiter arbeiten die Nächte durch

Auch die Sterbezahlen steigen. Allein am Freitag meldeten die Behörden mehr als 1200 Covid-Tote binnen 24 Stunden – ebenfalls so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Hunderte Menschen, die positiv getestet wurden, seien in der Quarantäne in ihren Häusern gestorben, teilte die Plattform LaporCovid-19 mit, die Daten zur Pandemie in Indonesien sammelt. Friedhofsmitarbeiter arbeiten zum Teil die ganze Nacht durch, um die vielen Toten zu bestatten.

Auf vielen Friedhöfen wird derzeit wortwörtlich Tag und Nacht gearbeitet. (c) dpa
Friedhofsmitarbeiter in Schutzkleidung tragen einen Sarg über einen Friedhof in Indonesien.
Auf vielen Friedhöfen wird derzeit wortwörtlich Tag und Nacht gearbeitet.

Wer die Infektion überlebt, schildert Beängstigendes: „Ich habe noch nie so eine Krankheit erlebt“, sagte etwa Susi Johannes, Lehrerin in Jakarta, zur „FAZ“. Sie erinnere sich nicht mehr daran, wie sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde; sie sei schon nicht mehr bei Bewusstsein gewesen. „Es fiel mir schwer zu atmen. Mein Brustkorb fühlte sich so schwer an, als ob jemand einen Stein darauf gelegt hätte“, so die 52-Jährige. 

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Dabei hatte Johannes noch Glück, ein freies Bett zu ergattern. In vielen Kliniken sind mittlerweile selbst Besucherstühle zu Krankenlagern umfunktioniert worden, schrieben lokale Medien. „Kranke Patienten warten auf neue Todesfälle, damit sie eine Chance haben, es in ein Krankenhaus zu schaffen“, sagte Edhie Rahmat von der Hilfsorganisation „Project Hope“ zum US-Sender CNN.

Strengere Corona-Maßnahmen bringen keinen Erfolg

In Anbetracht der explodierenden Zahlen hatte die Regierung bereits Anfang Juli striktere Maßnahmen unter anderem für die Hauptinsel Java und die berühmte Touristeninsel Bali verhängt und Einreiseregeln verschärft. Einkaufszentren, Märkte und öffentliche Einrichtungen wurden geschlossen. Bislang zeigte nichts davon Erfolg. Schon Ende Juni sprach das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Kommitee davon, Indonesien stünde „am Rande einer Covid-Katastrophe“.

Daran ist vor allem Delta schuld: Die aggressive Mutante trifft im Land auf eine kaum immunisierte Bevölkerung: Erst gut 15 Prozent haben mindestens einen Piks erhalten, kaum 6 Prozent sind vollständig geimpft. 

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Und selbst sie sind nicht sicher vor dem Virus. Das Problem: Bislang wird in Indonesien vor allem das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinovac verabreicht. Anfang Juni hatte die WHO ihm eine Notfallzulassung erteilt. Er verhindere bei 51 Prozent der Geimpften alle Covid-Symptome, so die WHO. Aber: Eine Weitergabe des Virus ist für viele Geimpft-Infzierte bei Sinovac dennoch möglich. 

Corona in Indonesien: „Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht“

Hinzukommt: Mutierte Varianten wie Delta stehen schon länger im Verdacht, eine besonders gute Immunflucht zu besitzen, also die Fähigkeit, den Impf- oder Genesenenschutz zu umgehen. Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach twitterte jüngst: „Leider scheint Wirkung (von Sinovac) deutlich schwächer als BionTech oder Moderna. Es kommt gerade bei Varianten immer wieder zu Ausbrüchen bei Geimpften.“ 

Die Regierung hat nun angekündigt, verstärkt Dosen von Moderna einzukaufen, um damit Booster-Impfungen durchführen zu können. Bis dahin dürften die Zahlen aber weiter unerbittlich steigen. Experte Rahmat ist sicher: „Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht.“

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