EU-Impfpass: So dämpft die Politik unsere Hoffnungen auf Strandurlaub
Berlin –
Endlich wieder reisen, am Strand liegen, entspannte Tage im Hotel an der Küste verbringen: Mit dem EU-Impfpass rückt der Sommerurlaub in greifbare Nähe. Auch die Wirtschaftsverbände machen Druck, fordern Freiheiten für Geimpfte. Politiker dämpfen die Erwartungen jetzt aber. Auch vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen regiert bei ihnen die Vorsicht.
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union verständigten sich am Donnerstag darauf, dass innerhalb der nächsten drei Monate ein europäischer Impfpass entwickelt werden soll. Unklar ist aber noch, welche Erleichterungen damit verbunden sein werden.
Laschet: „Insgesamt Grundrechte zurückgeben“
CDU-Chef Armin Laschet wertete die Pläne für einen solchen Impfpass vor allem als Signal für gemeinsames Handeln in Europa. Er mahnte aber in der „Rhein-Zeitung“: „Auf Dauer dürfen wir die Menschen aber nicht einteilen in Geimpfte und Nicht-Geimpfte. Wir müssen insgesamt Grundrechtseingriffe zurücknehmen und Leben wieder möglich machen, für alle – und nicht nur für die, die geimpft sind.“
Die SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar sagte der „Welt“: „Ein europäisches Impfzertifikat ist kein Freifahrtschein mit Privilegien für Einzelne.“ Der Linke-Gesundheitsexperte Achim Kessler warnte in der Zeitung, das „Spaltungspotenzial eines Impfausweises“ sei enorm.
Grüne: Frage nach Andersbehandlung Geimpfter stellt sich noch nicht
Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche mahnte: „Die Frage eines europäischen Impfpasses für die Covid-19-Impfung und eine damit einhergehende Andersbehandlung Geimpfter stellt sich so lange nicht abschließend, bis die Daten verlässlich zeigen, inwieweit die Immunität anhält und ob eine Transmission des Virus durch die Impfung verhindert werden kann.“
TUI-Vorstandschef Friedrich Joussen, sagte hingegen der „Welt“, mit einem EU-einheitlichen Nachweis könne die Politik jetzt eine wichtige Basis für das Reisen im Sommer schaffen. Die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, Ingrid Hartges, betonte im „Focus“, sobald ausreichend Impfstoff vorhanden sei, müsse man „Geimpften ihre Freiheiten zurückgeben“.
Tourismusverband fordert Rückgabe von Grundrechten
„Es hat nichts mit Privilegien zu tun, wenn für Geimpfte, die andere nicht mehr anstecken können, die Grundrechte wieder gelten und sie auch wieder reisen können“, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, Norbert Kunz, dem Nachrichtenmagazin.
Zahlreiche Politiker mahnten unterdessen vor dem nächsten Bund-Länder-Treffen am Mittwoch zur Vorsicht bei möglichen Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Es gehe darum, in „kleinen, vorsichtigen Schritten“ etwas zu ermöglichen, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Freitagabend beim digitalen Jahresempfang der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Wiesbaden. Das Schlimmste wäre: „Wir machen auf, stellen fest, es klappt nicht und dann sind die Zahlen wieder hoch und machen wieder relativ streng zu.“
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In den vergangenen Tagen war die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland nicht mehr gesunken oder sogar gestiegen. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Freitagmorgen bundesweit bei 62,6, also weit weg vom 35er-Ziel der Politik für weitere Lockerungen. (dpa/gt)