EU-Parlamentarier streiten: Wann ist ein Steak ein Steak?
Brüssel –
Sieht aus wie Fleisch, kaut sich wie Fleisch – aber darf es auch so genannt werden, wenn es nicht tierischen Ursprungs ist? Über die Bezeichnung für Fleisch-Ersatzprodukte hat das EU-Parlament lange gestritten – jetzt gibt es eine Entscheidung.
Es ging um die Veggie-Wurst: Nach dem Willen des Europaparlaments sollen pflanzliche Fleisch-Ersatzprodukte auch weiterhin Bezeichnungen wie „Steak“, „Burger“ oder andere tierisch anmutende Benennungen tragen dürfen. Das EU-Parlament lehnte gestern einen Gesetzentwurf zur Abschaffung solcher Bezeichnungen ab. Auch ein Kompromissentwurf, der eine deutlichere Kennzeichnung der Ersatzprodukte mit dem Vermerk „ohne Fleisch“ vorschlug, fiel durch.
Bezeichnung „Mandelmilch“ bereits verboten
Während die pflanzliche Pelle der Tofu-Wurst unberührt bleibt, soll es dem Willen des EU-Parlaments nach aber Änderungen bei anderen Produkten geben: Der Gesetzentwurf für strengere Regeln für Milchalternativen erhielt eine Mehrheit von 386 zu 290 Stimmen. Bezeichnungen wie „Mandelmilch“ sind in der EU bereits verboten. Der Europäische Gerichtshof urteilte 2017, dass als Milch nur Erzeugnisse bezeichnet werden dürfen, die aus der „normalen Eutersekretion“ von Tieren gewonnen werden. Das Gleiche gilt für die Bezeichnungen von Milchfolgeprodukten als „Käse“ oder „Butter“. Der Gesetzesentwurf sieht nun vor, dass auch beschreibende Ausdrücke wie „à la“, „Typ“ oder „Nachahmung“ nicht zugelassen werden sollen.
Einige EU-Parlamentarier hatten vor der Abstimmung die Diskussion über das Thema kritisiert. „Wir halten die ganze Debatte für völlig überflüssig“, sagte der FDP-EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen. „Wir sind überzeugt, dass sich der Bürger selbst ein Bild machen kann.“ Schließlich wisse der Verbraucher auch, dass man Scheuermilch nicht trinken könne, so Oetjen.
Landwirtschaftsverbände gegen Fleischbezeichnungen für Ersatzprodukte
Vor allem Landwirtschaftsverbände hatten vorab massiv Werbung für das Verbot der Fleischbezeichnungen für Ersatzprodukte gemacht. Der EU-Landwirtschaftsverband erklärte, dass mit der Zulassung von Fleischbezeichnungen für pflanzenbasierte Alternativen die Büchse der Pandora geöffnet werde, und befürchtete, dass Konsumenten durch die unklaren Bezeichnungen verwirrt würden. Auch der Deutsche Bauernverband forderte „ehrliche“ Produktnamen für Ersatzprodukte.
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Grünen-Europapolitiker Martin Häusling sah dagegen kein Risiko der Verwirrung für Konsumenten am Kühlregal. Er glaube nicht, dass es bei Veggie-Burgern und Burgern aus Fleisch zu Verwechslungen kommen könnte, so Häusling. Er befürchte eher, dass das EU-Parlament Gefahr laufe, damit in einer „zweiten Gurken-Verordnung“ zu enden. Die berühmt-berüchtigte – und wieder aufgehobene – Verordnung zur erlaubten Krümmung von Gurken wird gern als Beispiel für eine Überregulierung aus Brüssel genannt. (mik/dpa)