„Gender Award“: Darum läuft Gleichberechtigung in dieser Stadt am besten
Berlin? Köln? Hamburg? Nürnberg! In Sachen Gleichstellung hat die bayrische Großstadt in Deutschland die Nase vorne. Die Stadt in Franken bekam am Montag den „Gender Award“ für vorbildliche Gleichstellungsarbeit. Wie das ausgerechnet in dem Bundesland gelang, dem häufig noch besonders konservative Einstellungen nachgesagt werden.
„Kommune mit Zukunft 2023“ – so kann sich Nürnberg seit Montag offiziell nennen. Mit dem dazugehörigen „Gender Award“ suchte die „Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen“ den Gleichberechtigungs-Meister. In der Kategorie Großstadt landeten hinter Nürnberg die Städte Köln und Mannheim gemeinsam auf dem zweiten Platz. Doch warum ist ausgerechnet Nürnberg nun Spitzenreiter?
Die Jury begründete die Entscheidung wie folgt: „Neben der Förderung von Frauen werden auch Männer als Akteure und Adressaten von Gleichstellung angesprochen zum Beispiel durch die jährlich stattfindenden Männerwochen und einem Programm für Väter und Kinder.“ Und: Seit 2016 gibt es in der Stadt einen Ansprechpartner für Männer, der dazu beiträgt, dass Gleichstellung ganzheitlich gedacht wird.“ Beeindruckend sei zudem, dass im Stadtrat alle Ratsvorlagen einem Diversity-Check unterzogen werden. Die Verknüpfung von Gleichstellung und Antidiskriminierung sei ebenfalls positiv aufgefallen. „Darüber hinaus gibt es eine eigene LSBTIQ*-Koordinierungsstelle.“
Gleichberechtigung: Nürnberg erhält „Gender Award“
Oberbürgermeister Marcus König (CSU) jubelte über die Auszeichnung und sagt: „Ich freue mich, dass unsere langjährige gleichstellungspolitische Arbeit und die Vorreiterrolle des Ansprechpartners für Männer auf Bundesebene gewürdigt werden.“ Das stolze Stadt-Oberhaupt merkte zudem an: „Bei der Besetzung der berufsmäßigen Stadtratsmitglieder haben wir den Frauenanteil signifikant erhöht, um auch hier ein Zeichen für Frauen in Führung zu setzen.“
Vor allem der spezielle Ansprechpartner für Männer war entscheidender Faktor bei Nürnbergs Gleichstellungs-Triumph. Seit 2016 ist Matthias Becker der Mann, dem Nürnbergs Männer vertrauen. Der Job des gelernten Sozialpädagogen ist derzeit noch ziemlich selten in Deutschland, nur wenige Städte oder Kommunen leisten sich solch einen Experten. Gegenüber dem „Bayrischen Rundfunk“ (BR) sagte Becker, dass die Themen-Bandbreite riesig sei, mit denen Männer sich ihm anvertrauen würden.
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Von Burnout, Lebenskrise, Essstörung seien auch der Umgang mit der neuen Vaterrolle oder Scheidungen immer wieder dabei. Und: Auch mit Erfahrungen häuslicher Gewalt, einem unter Männern sehr mit Scham behafteten Thema, ist Becker in seiner Arbeit immer wieder konfrontiert. Er erkannte schnell: Bei Sorgen und Nöten vertrauen sich Männer lieber einem Mann an. Er sagt: „Da merkt man schon, dass Männer dann das Gefühl haben: Hier werden sie jetzt anders verstanden, anders ernst genommen.“ Für ihn ist klar, dass Gleichstellung bei Männern vor allem über ein „zeitgemäßes Rollenverständnis“ erreicht wird – und Frauen und Männer bei dem Thema miteinander, statt gegeneinander arbeiten sollten.