Getötet, um Baby als das eigene auszugeben – Ehepaar gesteht
Sie sollen zwei Frauen getötet haben, um das Baby der Jüngeren zu stehlen: Ein Ehepaar aus der Nähe von Heidelberg steht in Mannheim vor Gericht. Zu Beginn äußern sie sich zu der Tat.
Gegen ein Ehepaar, das eine ukrainische Frau und deren Mutter getötet haben soll, um das Baby der Jüngeren als das eigene auszugeben, hat der Prozess begonnen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Mordes erhoben.
Zum Prozessauftakt vor dem Landgericht Mannheim gestanden die beiden Angeklagten die Taten in Erklärungen, die von ihren Anwälten verlesen wurden. „Ich bereue alles, was ich getan habe“, sagte der Mann demnach. Die Frau sagte laut der Erklärung: „Ich habe einen großen Fehler gemacht.“ Wenn sie könnte, würde sie die Zeit zurückdrehen: „Meine Kinder haben auch keine Mutter mehr.“ Das Paar hat laut Staatsanwaltschaft insgesamt vier Kinder, darunter ein gemeinsames.
Die Frau und ihr Mann sollen laut Anklage im vergangenen März die 27-Jährige und ihre 51-jährige Mutter getötet haben, um das damals fünf Wochen alte Baby der Jüngeren als das eigene auszugeben. Daher wird den beiden auch die Entziehung Minderjähriger vorgeworfen. Das Motiv für die Tat war laut Staatsanwaltschaft, dass die mittlerweile 45-Jährige und ihr 43 Jahre alter Mann aus Sandhausen bei Heidelberg seit Längerem den unerfüllten Wunsch nach einer gemeinsamen Tochter gehegt hätten.
Spätestens im März 2023 hätten sich die beiden Deutschen damit befasst, ein neugeborenes Mädchen zu entführen und als ihres auszugeben. Die Ehefrau habe deswegen gezielt Kontakt zu ukrainischen Geflüchteten gesucht und sei einer Telegram-Gruppe zu deren Unterstützung beigetreten, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Hilfe für die bevorstehende Geburt der Tochter gesucht
Dadurch habe sie die 27-Jährige kennengelernt, die dort nach Hilfe beim Übersetzen für die bevorstehende Geburt ihrer Tochter gesucht habe. Die Mutter, die Großmutter und das Baby waren zum Tatzeitpunkt in einer Flüchtlingsunterkunft in Wiesloch im Rhein-Neckar-Kreis untergebracht.
Dafür sollen die mutmaßlichen Täter den beiden Frauen bei einem Restaurantbesuch am 6. März zunächst heimlich sedierende Medikamente verabreicht haben. Als sich die 51-Jährige daraufhin unwohl fühlte, brachte das Ehepaar nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die 27-Jährige und das Baby zunächst nach Hause. Sie behaupteten, die Großmutter anschließend ins Krankenhaus bringen zu wollen. Stattdessen hätten sie sie zu einem Anglersee bei Bad Schönborn in der Nähe von Karlsruhe gefahren.
Der Mann habe der Frau mit einem unbekannten Gegenstand „mindestens viermal mit voller Wucht“ auf den Kopf geschlagen und sie im See versenkt. Sie sei an den Kopfverletzungen gestorben. Der Angeklagte sagte in seiner Erklärung, er habe einen Gummihammer aus dem Baumarkt verwendet.
Anschließend soll das Ehepaar die 27-Jährige und ihr Baby unter dem Vorwand, die Mutter habe einen Herzinfarkt erlitten und sei im Krankenhaus, abgeholt haben. Sie seien laut Staatsanwaltschaft nach Hockenheim in die Nähe des Rheindamms gefahren. Dort habe ebenfalls der Mann der jungen Frau mit einem unbekannten Gegenstand mindestens dreimal «mit erheblicher Wucht» auf den Kopf geschlagen. Die Frau sei durch ein massives Schädelhirntrauma gestorben. Das Ehepaar zündete die Leiche demnach an und fuhr mit dem Säugling nach Hause.
„Wir wollten unbedingt eine gemeinsame Tochter haben“
Der Angeklagte sagte laut der Erklärung: „Wir wollten unbedingt eine gemeinsame Tochter haben, das war der sehnlichste Wunsch meiner Frau.“ Das Paar habe eine erfolglose Kinderwunschbehandlung hinter sich gehabt. Die Frau hatte nach eigenen Angaben mehrere Fehlgeburten erlitten. Laut Staatsanwaltschaft brachte die Frau zwei Söhne mit in die Ehe, der Mann eine Tochter. Das Paar hat einen gemeinsamen Sohn. Der Mann hatte nach eigenen Angaben vor der Tat regelmäßig Kokain und Amphetamin konsumiert, auch am Tag der Tat selbst.
Am 7. März entdeckte ein Passant die Leiche der 27-Jährigen am Rheinufer. Am 13. März nahm die Polizei das Paar fest, bei dem die Ermittler das Baby unversehrt fanden. Am 19. März fanden Polizeitaucher die Leiche der Großmutter in dem See. Das Ehepaar befindet sich in Untersuchungshaft.
Baby lebt bei Tante in der Ukraine
Das mittlerweile rund elf Monate alte Baby lebte anschließend mehrere Monate bei einer Pflegefamilie. Im Frühsommer 2023 übernahm die Tante – die heute 21 Jahre alte Schwester der Getöteten – die Vormundschaft für das Mädchen. Ende Juni kehrte sie mit dem Baby in die Ukraine zurück, wie der Anwalt der jungen Frau sagte. Die Adoption des Mädchens sei dort beantragt, das Verfahren könne aber Monate dauern. Die Schwester tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Sie erschien allerdings nach Angaben des Anwalts aufgrund der beschwerlichen Anreise nicht zum Prozess.
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Der Anwalt der Nebenklägerin, Thomas Franz, hat bereits angekündigt, für die Angeklagten lebenslange Haft sowie die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld zu beantragen. Damit könnte die Strafe im Falle einer Verurteilung voraussichtlich nicht bereits nach 15 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Er zeigte sich nach den Geständnissen der Angeklagten erleichtert, wie er selbst sagte.
Für das Verfahren sind insgesamt neun Verhandlungstage angesetzt. Am 21. Februar könnte ein Urteil verkündet werden. (dpa)