• In den virtuellen Räumen können die User der App Clubhouse einem Audio-Chat anderer Anwender zuhören oder sich aktiv an dem Gespräch beteiligen. 
  • Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Irrer Run auf „Clubhouse“: So problematisch ist die neue Hype-App

Berlin –

Sie ist das „next big thing“, das nächste große Ding: Über „Clubhouse“ reden gerade alle. Dabei hat die gehypte Super-App durchaus problematische Seiten. 

Bis zu 25 Euro für einen „Invite“: Bei eBay-Kleinanzeigen wird kaum etwas derzeit so heiß gehandelt wie Einladungen in die neue Hype-App Clubhouse. Auch anderorts wimmelt es plötzlich von Influencern, die ihre Fans auffordern, ihnen dorthin zu folgen. In der App können Nutzer Gesprächen wie bei einem Live-Podcast zuhören oder sich aktiv an Diskussionen beteiligen. Im Gegensatz zu den gängigen Netzwerken kann man auf Clubhouse Beiträge nicht schriftlich kommentieren oder „Likes“ vergeben. Das Konzept von Clubhouse: Audio only.

Kritik: Clubhouse ist nicht barrierefrei

Für diese Herangehensweise erntete das Netzwerk heftige Kritik: Auf Instagram schrieb Nutzerin „Wayofkat“, selbst gehörlos, einen vielgeteilten Beitrag. „Wir leben im Jahr 2021, einem Jahr, in dem durch technische Innovation Barrierefreiheit prinzipiell in allen Lebensbereichen möglich ist. Theoretisch. Ich bin allerdings immer wieder erstaunt über die fehlende Bereitschaft von App-Entwickler*innen an alle Personen bei der Entwicklung neuer Apps zu denken. Quasi so, als würden bestimmte Personengruppen für sie nicht existieren. Oder seien es nicht wert, Zugang zu bestimmten Dingen zu erhalten.“ Im Gegensatz zu Instagram, das für seine Inhalte Barrierefreiheit, zum Beispiel über vorgelesene Bildbeschreibungen, schafft, sei Clubhouse „ausgrenzend“, hieß es weiter.

Dementsprechend zeigten sich Gehörlose entsetzt, dass sich am Wochenende mehrere hundert Menschen virtuell in einem Clubhouse-Raum versammelten, in dem Digitalministerin Dorothee Bär (CSU) mit anderen über das „Diversity Jahr 2021“ diskutierten, also das „Jahr der Diversität“ – auf einer Plattform, die Diversität explizit nicht abbildet.

Clubhouse fährt Konzept der künstlichen Verknappung

Zudem haben derzeit ohnehin nur verhältnismäßig wenige Menschen Zugang zu Clubhouse. Um dort mitmischen zu können, braucht man nämlich eine Einladung von einem bereits registrierten Mitglied. Jedes Mitglied kann seinerseits nur zwei weitere hinzuholen – ein Konzept der künstlichen Verknappung. Zudem läuft Clubhouse derzeit ausschließlich auf Apple-Geräten, Nutzer mit Smartphones anderer Hersteller schauen in die Röhre.

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Paris Hilton ist Fan der Audio-App „Clubhouse“.

Foto:

imago images/Starface

Fragwürdig ist auch das Datenschutzkonzept von Clubhouse, das vermutlich gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt. Denn: Nachdem man die App installiert und die Einladung aktiviert hat, fordert die App Zugriff auf sämtliche Einträge im Kontakte-Adressbuch des verwendeten iPhones.

Auf Clubhouse treiben sich Neonazis und Verschwörungsschwurbler rum

Nichtsdestotrotz war der Hype um die App in den letzten Tagen riesig, auch die MOPO berichtete. Am Montag verdrängte Clubhouse den populären Messengerdienst Telegram in Deutschland von Platz zwei der Liste der am häufigsten heruntergeladenen Gratis-Anwendungen im App-Store von Apple. Auf Platz 1 liegt der Messenger Signal.

Clubhouse hat mit den beiden genannten Diensten eine Gemeinsamkeit: Genau wie auf Signal und Telegram tummelten sich auch auf der neuen Hype-App unzählige Verschwörungsschwurbler, Ultrarechte, Neonazis, Islamhasser, Schwulenfeinde und ähnliches Gesindel. Die Autorin Maggie Tyson berichtete auf Instagram, sie habe auf Clubhouse Räume entdeckt, in denen sich Nutzer träfen, um sich gegenseitig in ihrem Hass auf LGPTIQ-Menschen, Muslime, Juden, Schwarze, Frauen und andere Gruppen aufzustacheln.

Jeder kann auf Clubhouse ungeprüft Inhalte verbreiten. Eine Moderation oder Faktenchecks gibt es nicht. „User, die von Facebook und Instagram verbannt wurden, treffen sich auf Clubhouse“, schrieb Tyson. „Manche wurden von den Gründern selbst dorthin eingeladen.“

Das sagen die Clubhouse-Gründer

A propos Gründer: Die weisen jegliche Vorwürfe von sich. Paul Davison und Rohan Seth von Alpha Exploration Co. sehen ihre App als „eine neue Art von sozialem Dienst, der auf Sprache basiert und es Menschen überall auf der Welt ermöglicht, sich zu unterhalten, Geschichten zu erzählen, Ideen zu entwickeln, Freundschaften zu vertiefen und interessante neue Leute zu treffen“.

Offiziell befindet sich die App in Deutschland noch in der Beta-Phase. Eine gute Chance, sich Kritik zu Herzen zu nehmen.

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