Jan Böhmermann Kochsendung
  • Am Samstag läuft erstmalig Jan Böhmermanns neue Kochsendung „Böhmi brutzelt“
  • Foto: Ben Knabe/ZDF/dpa

Das sagt Böhmermann über Biolek, Schweinemett und seine neue Kochshow

Jan Böhmermann bekommt eine eigene Kochsendung. Im Interview spricht er über seine Faszination für Alfred Biolek, Erinnerungen an seine Kindertage und darüber, was ihn an Fernsehköchen so nervt.

Jan Böhmermann ist im Februar 40 Jahre alt geworden. Vielleicht ist das ein gutes Alter, um sich einem neuen Thema zu widmen. Jedenfalls will der Satiriker, der „juwelenbesetzte Ring am ausgestreckten Mittelfinger des Zweiten Deutschen Fernsehens“, über das Kochen reden, wenn man sein Büro in Köln betritt. Ja, richtig gehört: das Kochen. Ganz ernsthaft.

Böhmermanns neue Kochshow

Am Samstag (24. Juli, 19:45 Uhr) ist bei ZDFneo erstmals seine neue Sendung „Böhmi brutzelt“ zu sehen, in der der Moderator mit wechselnden Gästen Essen zubereiten und plaudern will – etwa mit Tänzerin Motsi Mabuse und Rapper Xatar. In der ZDF-Mediathek sind Böhmermanns Kochkünste bereits von Freitag an (23. Juli, 10 Uhr) zu bewundern. Mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) spricht der Satiriker über seine kulinarischen Pläne, „deutsche Volksküche“ – und über Alfred Biolek, das große Vorbild.

Böhmermanns Twitter-Reaktion auf den Tod von Alfred Biolek.

Was Böhmermann zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Biolek stirbt wenige Tage nach dem Gespräch. Als der Moderator davon erfährt, twittert er „Auf Wiedersehen, Bio!“ – mit einem Herzen, einen weinenden und einen lachenden Smiley.

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Herr Böhmermann, ist „Böhmi brutzelt“ die Show, die Sie immer machen wollten?

Es ist die Sendung für den gesunden Ausgleich. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in meinem Team – ich eingeschlossen – hatten in der Pause des „ZDF Magazin Royale“ das Bedürfnis nach einer Show für Bauch und Herz statt dem Kopf. In der Pandemie wurden wir alle zurückgeworfen, auf das, was wirklich zählt: Essen. Alle waren im Lockdown eingesperrt, die Restaurants hatten zu und so drehte sich zu Hause plötzlich alles ums Essen. Wie auf einem Schiff auf großer Fahrt. Die unwahrscheinlichsten Persönlichkeiten haben im Internet plötzlich Sauerteig-Tutorials gezeigt. Wie rührend zu sehen, dass Kochen und Essen zur großen Gemeinsamkeit wurden.

Jan Böhmermann (r) mit Tänzerin Motsi Mabuse am Kochen bei "Böhmi brutzelt" Ben Knabe/ZDF/dpa
Jan Böhmermann und Motsi Mabuse
Jan Böhmermann (r) mit Tänzerin Motsi Mabuse am Kochen bei „Böhmi brutzelt“

Manche hielten es dennoch für einen Scherz, als es hieß: Böhmermann kocht jetzt. Wenn man Sie beobachtet, ist es aber wohl tatsächlich so, dass Sie das Kochen fasziniert. Das Thema taucht immer wieder auf.

Ja, das zieht sich von Anfang an durch. Nicht, weil ich wahnsinnige Ambitionen habe, zu kochen, oder weil ich eine Gewürz-Kollektion herausbringen möchte. Ich finde das einfach spannend und amüsant. Und mich interessiert der kulturelle Aspekt am Essen: Wie kocht man selbst? Was hat man von seinen Eltern übernommen? Welche Dogmen, Regeln, Rezepte gibt es. Ich finde es allein schon interessant zu sehen, wie jemand Zwiebeln schneidet. Beim Kochen im Internet und im Fernsehen geht es leider nur noch um Wettbewerb, Challenges, Leistung, Instagramabilität oder Angeberei von Profiköchen. In unserer Show ist Kochen der Rahmen für Unterhaltung.

Das heißt, Sie sehen sich in der Tradition von Alfred Biolek („alfredissimo“) und Johannes B. Kerner („Kerner kocht“).

Ganz klar in der von Bio! Bei Kerner war das Ganze doch schon recht steril. Bio dagegen hat man die Verachtung für seinen Gast manchmal wirklich angemerkt. Oder für das Gericht. Oder auch die eigene Unfähigkeit. Er hatte viele komische Fernsehmomente.

Deutsche Küche zu „unmodern“

Und was kochen Sie dann im Fernsehen?

Sehr viel mit Schweinemett. Sehr AfD-mäßige deutsche Volksküche. Wenig Twists. Ich bin ja zum Glück kein Koch. Ich kann nichts schnibbeln, ohne mir in den Finger zu schneiden.

Hat deutsche Küche einen zu schlechten Ruf?

Regionale, deutsche, bäuerliche Küche ist unmodern. Ich finde, wir sollten nicht so tun, als kochten 83 Millionen Jamie Olivers bei uns im Land. Die allermeisten kehren am Ende mental ins Landgasthaus ein und wollen Schnitzel, das über den Teller lappt. Das ist auch in mir drin. Mein Kopf sagt: Ich orientiere mich kulinarisch nach Frankreich. Aber ganz ehrlich: Wenn ich die Wahl habe zwischen einem Mettbrötchen und Ziegenkäse-Tarte, dann gewinnt das Mettbrötchen. Jetzt metaphorisch gesprochen.

Wie sieht denn Ihre Koch-Biografie aus?

Zu Hause ausgezogen, dann gedacht: Mist! Ich muss mir mein Essen jetzt wohl selbst zubereiten. Dann habe ich erstmal angefangen, Dinge, die ich von zu Hause kannte, nachzukochen. Im Alter zwischen 20 und 30 isst man viel außerhalb und es ist einem wegen der ganzen Hormone und der Jugendlichkeit auch relativ egal, was man frisst. Wenn der entspanntere Teil des Lebens beginnt, merkt man dann, was Essen für einen unglaublichen Stellenwert hat und dass es eben keine Nebenbei-Sache ist. Dass man mit Essen auch Dinge weiterreicht. Essen prägt.

Es gibt Menschen, die kochen ganz genau nach Rezept, und es gibt Menschen, die können nach Intuition kochen, was recht bewundernswert ist. Können Sie das auch?

Doch, schon. Ich kann zum Beispiel die Salzmenge nach dem dosieren, was da im Topf ist. Oder wenn ich noch einen halben Kohlkopf im Kühlschrank habe und zwei Zwiebeln. Dann nehme ich Kreuzkümmel, Koriander, ein bisschen Pfeffer und Salz und dann hat man etwas, was ein bisschen nach Curry schmeckt.

Das ist schon Talent.

Das ist doch kein Talent. Bis ich das herausgefunden habe, hat es zehn Jahre richtig schlecht geschmeckt.

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Wurde Ihnen Kochen zu Hause beigebracht?

Ich komme aus einer Familie, in der Essen immer wichtig war. Ein Fundament aus Kartoffeln und Hackfleisch. Sehr deutsch, sehr klassisch. Es galt, über das Essen irgendwie dazugehören und bürgerlicher zu sein, als man es sich eigentlich leisten konnte. Eine typische 80er-Jahre-Familie. Wenn wir mal auswärts essen gingen, ging es zum Griechen, da gab es dann das Souvlaki aus der Metro, das überall gleich geschmeckt hat. Mit diesem Tomatenreis, von dem man nie wusste, ob das nun Reis oder Nudeln ist.

Schauen Sie sich aktuelle Kochshows im Fernsehen an?

Nein. Fernsehküche in die Wirklichkeit zur übertragen, ist ja ein bisschen wie „Germany’s next Topmodel“ gucken und zu hoffen, man bekomme davon eine Bikini-Figur. Ich fühle mich grundsätzlich nicht befähigt zu dem, was da kulinarisch passiert. Und das ist mir auch zu anstrengend. Ich schaue gerne unterhaltsame Kochshows ohne anstrengenden Verbraucherfaktor. „Martina und Moritz“ im WDR zum Beispiel, weil ich den jahrzehntealten Hass der beiden aufeinander ganz toll finde. Und ich schaue mir alte Biolek-Folgen bei Youtube an. Die sind fantastisch. Schlechtes Zeichen für Gäste war immer, wenn sich Biolek räusperte und ans Waschbecken zurückzog, um Sachen zu spülen, die er gar nicht spülen musste.

Kulinarisch war es allerdings eine andere Zeit.

Natürlich. Bei Biolek wurde noch viel mit gekörnter Brühe und mit Wein gekocht. Einmal hat er auch Sushi gemacht und es war offenbar unmöglich, in der Weltstadt Köln dafür Sojasoße aufzutreiben. Biolek hat dann Maggi als Dip genommen.

Kochen ohne zu viel Wert auf Optik

Optik ist heute sehr viel wichtiger geworden, Essen muss gut aussehen, auch in Kochshows. Stichwort Instagram. Wie wird das bei Ihnen sein?

Wir geben uns Mühe im Rahmen des Möglichen. Aber: Man kann aus Grünkohl nur begrenzt etwas rausholen. Das sieht eben aus wie ein Kuhfladen mit Würstchen. Frikadellen mit Erbsen aus der Dose sind am Ende immer Frikadellen mit Erbsen aus der Dose. Man kann maximal Petersilie drauf legen. Letztlich ist das doch alles Selbstbetrug, wenn Leute so tun, als würden sie so essen wie im Fernsehen gekocht wird. Spätestens am nächsten Tag gibt es in der Kantine Frikadellen mit tiefgefrorenem Leipziger Allerlei. Und alle freuen sich.

Was essen Sie selbst am allerliebsten als Gericht?

Spargel. Superdeutsch aber saisonal und regional. Für den exotischen Touch sind die unterbezahlten bulgarischen Erntehelfer zuständig. Tun wir nicht so, als sei unsere kulinarische Tradition auf Erdnusssoße und Chili aufgebaut. Spargel mit Sauce Hollandaise ist mein absolutes Lieblingsgericht. Wobei die selbst gemachte Hollandaise auch meine Nemesis ist. Jahrelange habe ich die fertige aus der Tüte genommen – bis ich angefangen habe, es selbst zu probieren. Das habe ich aber wirklich zehn Jahre lang nicht hinbekommen. Jahrelang hat es mich zur Weißglut gebracht, wenn die Emulsion gekippt ist. Jetzt – nach vielen Versuchen – habe ich endlich die korrekte Herd-Einstellung, die korrekte Zeit, die korrekte Würzung herausgefunden.

War es eigentlich schwer, das ZDF von einer Kochshow zu überzeugen?

Ja! Ich glaube, ich bin der erste Fernsehmoderator in der Geschichte des ZDF, der den Sender aufwendig überreden musste, bitte, bitte eine Kochshow machen zu dürfen. Ich dachte, Kochsendungen werden einem im Fernsehen hinterhergeschmissen! Vielleicht hat den Sender aber auch die Philosophie meiner Sendung irritiert: Liebhaberinnen von Kochsendungen und Menschen, die Kochsendungen hassen, gleichermaßen zur Weißglut bringen – und das möglichst unterhaltsam. Ich glaube, das ist gelungen. (dpa)

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