Lage im Libanon eskaliert: Gewaltsame Proteste in Beirut – Polizist stirbt
Am Wochenende ist es in Beirut zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. 250 Menschen wurden verletzt.
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Beirut –
Nach den verheerenden Explosionen in der libanesischen Hauptstadt, die mehr als 150 Menschen das Leben gekostet haben, ist es am Wochenende zu teils gewaltsamen Protesten gekommen. Ein Polizist wurde den Angaben zufolge getötet. Ministerpräsident Hassan Diab kündigte an, sich Neuwahlen stellen zu wollen.
Die Lage in Beirut spitzt sich zu: Nachdem am Wochenende tausende Menschen zunächst friedlich gegen die Regierung demonstriert hatten, der sie die Schuld für die Explosionen geben, ist es schließlich zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften gekommen.
Ein Polizist wurde dabei nach Angaben der Sicherheitskräfte getötet. Ersten Informationen zufolge habe er Menschen helfen wollen, die in einem Hotel im Zentrum festgesessen hätten.
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250 Menschen wurden dem libanesischen Rote Kreuz zufolge bei den Ausschreitungen verletzt. Einige Demonstranten versuchten, Absperrungen zum Parlament zu durchbrechen und warfen Steine. Andere stürmten das Gebäude der Bankenvereinigung oder drangen lokalen Medienberichten zufolge in Ministerien ein. Die Sicherheitskräfte setzten in großen Mengen Tränengas ein. Augenzeugen berichteten auch, sie hätten Schüsse gehört.
Nach Explosions-Katastrophe: Neuwahlen im Libanon angekündigt
Informationsministerin Manal Abdel Samad trat am Sonntag zurück, möglicherweise könnten weitere Rücktritte folgen, hieß es.
Ministerpräsident Hassan Diab zieht offenbar Neuwahlen in Erwägung, wie am Sonnabend bekannt wurde. Ein entsprechendes Gesetz will er seinem Kabinett in einer Sitzung am Montag vorlegen. Einen möglichen Termin nannte er noch nicht. Ob Neuwahlen die Wut der Menschen mildern, scheint allerdings fraglich. Viele Libanesen klagen, Wahlen hätten bisher an den realen Machtverhältnissen im Land wenig verändert.
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Bereits einen Tag vor den Explosionen hatte Außenminister Nassif Hitti sein Amt niedergelegt. Als Begründung nannte er die seiner Meinung nach schwache Leistung der Regierung im Versuch, das Land aus seiner wirtschaftlichen und politischen Krise zu führen. Der Libanon gehört zu den am stärksten verschuldeten Ländern weltweit und ist vom Staatsbankrott bedroht.
Nothilfe für den Libanon: EU gibt 63 Millionen Euro
Bei einer internationalen, virtuellen Geberkonferenz der Vereinten Nationen forderte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron am Sonntag massive Nothilfe für den Libanon. Beirut sei im Herzen getroffen worden, sagte der 42-Jährige zum Auftakt der Videoschalte, an der nach Angaben des Élyséepalastes Vertreter von mindestens 36 Staaten und Organisationen teilnahmen, unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas und US-Präsident Donald Trump.
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Die EU kündigte an, über ihren Gemeinschaftshaushalt zusätzliche 30 Millionen Euro für Nothilfen bereitzustellen. Das Geld ergänzt den Betrag von 33 Millionen Euro, der bereits direkt nach der Katastrophe zugesagt worden war. Davon unabhängig hatte Maas vorab ein deutsches Soforthilfepaket im Umfang von zehn Millionen Euro angekündigt.
Explosionen in Beirut: 21 Personen festgenommen
Am Dienstag hatten zwei Explosionen den Hafen von Beirut erschüttert und die halbe Stadt in Schutt und Asche gelegt. Mehr als 150 Menschen starben, mehr als 6000 wurden verletzt. Etwa 300.000 Bürger der Stadt sind durch die Katastrophe obdachlos geworden.
Nach Regierungsangaben waren 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert, die jahrelang ungesichert in einer Halle im Hafen lagerten. Die Ursache der Explosionen ist noch unklar. 21 mutmaßliche Verantwortliche wurden bislang festgenommen. (dpa/skö)