Medienberichte: Acht Männer sollen hinter Anschlag auf Nawalny stecken
Moskau/Berlin –
Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kennt jetzt die Namen der Männer, die mutmaßlich einen Giftanschlag auf ihn verübt haben. Nach Recherchen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ gemeinsam mit der Investigativplattform Bellingcat, „The Insider“ und dem US-Nachrichtensender CNN handelt es sich um acht Geheimdienstmitarbeiter, deren Bilder Nawalny auf seinem Blog veröffentlichte.
Der „Spiegel“ schrieb, dass die mutmaßlichen Beteiligten nach Auswertung von Mobilfunk-Verbindungen, GPS- und Standortdaten von mehr als einem Dutzend FSB-Agenten sowie Analysen zahlreicher Passagierlisten russischer Linienflüge identifiziert wurden. Dadurch lasse sich auch nachvollziehen, dass der Oppositionelle bereits seit 2017 im Visier dieser Männer gestanden haben soll. Sie seien immer wieder zu Nawalny-Terminen gereist.
Diese Männer stecken hinter dem Giftanschlag auf Kreml-Kritiker Nawalny
Durch die ausgewerteten Daten lässt sich der „Beitrag“ jedes Beteiligten zum Giftanschlag auf Nawalny nachvollziehen. Der „Spiegel“ beschreibt beispielsweise die Beschattung von Nawalnys Investigationschefin und enger Vertrauten Marija Pewtschich: Sie sei am 13. August – eine Woche vor dem Attentat auf Nawalny – von Moskau nach Nowosibirsk geflogen, um dort einige Auftritte und Drehtermine des Oppositionspolitikers vorzubereiten.
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Laut dem „Spiegel“ wurde sie dabei ab dem Zeitpunkt, zu dem sie ihr Haus verließ, von einem Observationsteam verfolgt, das sie heimlich fotografierte. Eine Tatsache, die sie nicht bemerkte. Misstrauisch sei Pewtschich erst im Hotel geworden, als sie bemerkte, dass ihr Zimmer über einen Balkon mit einem anderen verbunden war. Demnach verunsicherte sie der weitere Zugang zu ihrem Raum und sie verlangte ein anderes Zimmer. An der Rezeption sagte man ihr, dass nichts mehr frei sei – ihre Recherchen im Internet ergaben jedoch etwas anderes und Pewtschich bezog ihr Zimmer aus Angst nicht.
Alexej Nawalny: „Ich weiß, wer mich töten wollte“
Wer hinter diesen und weiteren Details steckt, die den Giftanschlag auf Nawalny vorbereiten sollten, ist nun offenbar bekannt. Und zwar auch Nawalny selbst: „Ich weiß, wer mich töten wollte“, schrieb er auf seinem Blog und Social Media und veröffentlichte die Berichte sowie die Fotos von den acht Männern.
Nawalny soll im August mit einem in der Sowjetunion entwickelten chemischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sein. Er war auf einem Inlandsflug zusammengebrochen. Nawalny hält sich nach wie vor in Deutschland zu einer Reha-Maßnahme auf. Er will nach seiner Genesung wieder nach Russland zurückkehren.
Trotz Hinweisen: Russland weist Verwicklungen in Nawalny-Vergiftung zurück
Russland wies mehrfach eine Verwicklung in den Fall zurück und betonte, dass alle staatlichen Nowitschok-Bestände vernichtet worden seien, das Rezept aber längst auch im Westen bekannt sei. Der Fall hat die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau erheblich belastet.
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Kremlchef Wladimir Putin hatte erst am Donnerstag gesagt, er sehe noch keine Voraussetzungen für Ermittlungen in Russland. Moskau wolle erst ermitteln, wenn es Beweise für ein Verbrechen gebe. Bislang seien sie aber nicht aus dem Ausland vorgelegt worden, meinte Putin. „Auch wenn eine Person fast gestorben ist, heißt das nicht, dass man in jeden Fall ein Strafverfahren eröffnen muss.“ (prei/dpa)