Krankes Kind
  • Besonders für Kinder sind Medikamente knapp.
  • Foto: imago/Westend61

Medikamenten-Knappheit: Deshalb bleiben Experten pessimistisch

Wer krank ist, geht zum Arzt, bekommt ein Rezept und holt sich das Medikament in der Apotheke. So sind wir das in unserem Wohlstand gewohnt. Aber so funktioniert es neuerdings nicht mehr: Ärzte und Kliniken sind überlastet, Arzneien fehlen, Menschen sind hilflos. Und das ist kein Ausnahmezustand, sondern wird erstmal so bleiben. Prophezeien Experten. Was ist da bloß los?

„Die jetzt diskutierten Maßnahmen werden in der hausärztlichen Versorgung kurzfristig nur bedingt helfen“, sagte Nicola Buhlinger-Göpfarth, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, der „Rheinischen Post“. „Hausärztinnen und Hausärzte müssen inzwischen sehr viel Zeit investieren, um, sofern dies überhaupt möglich ist, Medikationen umzustellen.“ Außerdem sind ja auch Mediziner nicht immun – momentan ist geschätzt jeder zehnte Klinikangestellte selbst krank zu Hause.

Auch der Apothekerverband Nordrhein erwartet lang anhaltende Lieferschwierigkeiten. „Wir gehen davon aus, dass die Lieferprobleme auch 2023 anhalten und noch weitere Arzneimittel betroffen sein werden“, sagte Verbandschef Thomas Preis. „Täglich werden neue Medikamente knapp: Aktuell fehlen Mittel zur Desensibilisierung von Allergikern, die sollen erst im Mai kommen – wenn die Pollensaison schon begonnen hat – dann kann man aber nicht mehr desensibilisieren.“ Die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach seien nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“.

Ärztekammer-Präsident schlägt Flohmärkte für Medikamente vor

Lauterbach will das Angebot wichtiger Arzneimittel besonders für Kinder besser gegen Lieferengpässe absichern, zum Beispiel mit neuen Preisregeln. Das soll Lieferungen für Anbieter wirtschaftlich attraktiver machen.

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte Lauterbach auf, höhere Preise nur für wirklich versorgungsrelevante Kindermedikamente zuzulassen. Außerdem rief er im „Tagesspiegel“ dazu auf, sich gegenseitig zu helfen: „Jetzt hilft nur Solidarität. Wer gesund ist, muss vorrätige Arznei an Kranke abgeben“, sagte Reinhardt. „Wir brauchen so was wie Flohmärkte für Medikamente in der Nachbarschaft.“ Man könne auch abgelaufene Medizin noch gefahrlos verwenden.

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Aber warum sind Pillen, Säfte und Co. plötzlich so knapp? Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sieht einen Grund darin, dass sich manche Apotheken und Großhändler das Lager zu voll machten und die Arzneien andernorts fehlten.

Obendrein gebe es derzeit so viele Atemwegsinfektionen bei Kindern, wodurch die Nachfrage steige. Apotheken und Gewerkschaften sehen auch wirtschaftlichen Druck und die Produktion in kostengünstigen Ländern als Faktoren. (dpa/miri)

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