• Die Abschwächung des Golfstrom-Systems im Atlantik könnte direkte Auswirkungen auf das Klima in Europa haben.
  • Foto: imago/Klaus Rose

Mehr Stürme, mehr Trockenheit?: Dem Golfstrom geht die Puste aus

Potsdam –

Der Golfstrom im Atlantik dient unserem Planeten als Wärmepumpe und hat Einfluss auf das Klima. Doch neue Daten zeigen, dass das System aus dem Gleichgewicht zu geraten droht.

In den vergangenen Jahrzehnten ist das Golfstrom-System so schwach wie seit über 1000 Jahren nicht mehr. Das ist das Ergebnis eines Teams von irischen, britischen und deutschen Wissenschaftlern im Fachblatt „Nature Geosciences“. Der Befund ist besorgniserregend, sorgt die gigantische Ozeanzirkulation doch für eines der wichtigsten Wärmetransportsysteme der Erde. Die Abschwächung könnte spürbare Folgen für das Klima darstellen. 

Golfstrom-System geht die Kraft aus

Das Golfstrom-System (auch Atlantische Meridionale Umwälzströmung genannt) funktioniere „wie ein riesiges Förderband, das warmes Oberflächenwasser vom Äquator nach Norden transportiert und kaltes, salzarmes Tiefenwasser zurück in den Süden schickt“, erklärt Stefan Rahmstorf, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), im „Spiegel“.

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Rahmstorf hatte bereits früher darauf hingewiesen, dass sich die wichtigste Meeresströmung seit Mitte des 20. Jahrhunderts um etwa 15 Prozent verlangsamt hat. Grund dafür sei die von Menschen verursachte Erderwärmung. Belastbare Aussagen über die langfristige Entwicklung des Golfstrom-Systems fehlten jedoch noch, die wichtigen Parameter werden erst seit 2004 gemessen.

„Wir haben eine Kombination aus drei verschiedenen Datentypen verwendet, um Informationen über die Ozeanströmungen zu erhalten: die Temperaturänderungen im Atlantik, die Verteilung der Wassermassen und die Korngrößen der Tiefseesedimente, wobei die einzelnen Archive 100 bis circa 1600 Jahre zurückreichen“, so Levke Caesar von der irischen Maynooth University, die als Gastwissenschaftlerin am PIK forscht.

Drastischer Rückgang der Golfstromzirkulation seit Mitte des 20. Jahrhunderts

Die Kombination der drei Datentypen habe ein robustes Bild der Umwälzzirkulation ergeben: Nach einer langen und recht stabilen Periode gab es eine anfängliche Abschwächung seit etwa 1850 und einen drastischen Rückgang seit Mitte des 20. Jahrhunderts.

Klima-Forscher Stefan Rahmstorf ist Professor vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Klima-Forscher Stefan Rahmstorf ist Professor vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.

Foto:

picture alliance / dpa

Die Erderwärmung bringt den grundlegenden Mechanismus des Golfstrom-Systems aus dem Gleichgewicht: Angetrieben wird das System durch Unterschiede der Dichte des Wassers in den Ozeanen. Warmes, salzhaltiges Oberflächenwasser fließt von Süden nach Norden, wo es abkühlt und dichter wird. Dadurch sinkt es in tiefere Meeresschichten und fließt zurück in den Süden.

Mehr Süßwasser durch Erderwärmung im Atlantik

Häufigere Niederschläge und das Abschmelzen des grönländischen Eises führen dem nördlichen Atlantik mehr Süßwasser zu, die Dichte des Wassers verringert sich, das Absinken wird gehemmt, die Strömung schwächer.

Noch sei der Golfstrom im Nordatlantik, laut Forschern, stabil, doch wenn „wir die globale Erderwärmung auch künftig vorantreiben, wird sich das Golfstrom-System weiter abschwächen – um 34 bis 45 Prozent bis 2100“, sagt Rahmstorf.

Für Europa bedeutet das, dass extreme Wetterereignisse wie Stürme zunehmen dürften. Andere Studien nennen extreme Hitzewellen oder Trockenheit im Sommer als mögliche Folgen. Auch eine längere Kälteperiode ist möglich. Wissenschaftler warnen daher eindringlich: Die Erderwärmung muss gestoppt werden! (vd)

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