Bei einer Messerattacke auf dem Stadtfest von Solingen wurden drei Menschen getötet und acht zum Teil schwer verletzt. Der Täter ist auch am Morgen nach dem Angriff noch auf der Flucht.
  • Bei einer Messerattacke auf dem Stadtfest von Solingen wurden drei Menschen getötet und acht zum Teil schwer verletzt. Der Täter ist auch am Morgen nach dem Angriff noch auf der Flucht.
  • Foto: picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

Drei Tote bei Messerangriff in Solingen – Polizei warnt vor flüchtigem Täter

Ein Angreifer hat auf einer Jubiläumsfeier der Stadt Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet. Nach bisherigen Erkenntnissen gibt es zudem fünf Schwerverletzte. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen stufte die Tat vom Freitagabend wegen des zielgerichteten Vorgehens des Täters als Anschlag ein. Inzwischen hat sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Tat geäußert.

Der Täter war am frühen Samstagmorgen weiter auf der Flucht. „Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort“, sagte ein Polizeisprecher. Zum Aussehen des Flüchtigen gebe es keine gesicherten Informationen.  „Menschen im Innenstadtbereich sollen vorsichtig sein“, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Polizei mit Blick auf den noch flüchtigen Täter. „Wer eine verdächtige Person sieht, soll sofort den Notruf 110 wählen und diese nicht ansprechen.“

Solingen: Drei Tote bei Messerangriff auf Stadtfest

„Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben noch nicht so viele Angaben zum Täter“, erklärte Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal. Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. „Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen.“

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Allerdings könnten die Ermittler derzeit davon ausgehen, dass es sich um einen einzelnen Täter handelt, sagte Kresta weiter. Alle Zeugenaussagen, die die Polizei bislang aufnehmen konnte, wiesen darauf hin. „Von weiteren Personen ist uns nichts bekannt.“

Täter entkam im Tumult nach dem Angriff

Dem Täter sei es gelungen, im Tumult und in der sich anfangs ausbreitenden Panik nach der Tat zu entkommen, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. Laut Polizei scheint der Täter wahllos auf Passanten losgegangen zu sein, seine Opfer also zufällig ausgewählt zu haben. Dem Innenministerium zufolge habe er aber sehr gezielt auf ihre Hälse eingestochen. Drei Menschen starben, acht weitere wurden verletzt, fünf von ihnen schwer. Über den Zustand der Schwerverletzten war bis zum Morgen nichts Neues bekannt.

Die späteren Opfer waren Besucher des Festes zum 650. Jahrestag der Stadtgründung Solingens. Tatort war der zu diesem Zeitpunkt gut besuchte Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt, auf dem für das Jubiläumsfest eine Bühne aufgebaut war. Die Tat passierte wohl unmittelbar vor der Bühne. 

Polizei warnt Bürger vor Handeln auf eigene Faust

Die Suche nach dem Täter lief am Samstagmorgen weiter. Ein Polizeisprecher riet: Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigeninitiativ handeln, sondern den Notruf 110 wählen. Die Polizei in Wuppertal rief via Facebook dazu auf, die Solinger Innenstadt zu meiden.

Rettungskräfte und Polizei sind im Einsatz. picture alliance/dpa/Thomas Banneyer
Rettungskräfte und Polizei sind im Einsatz
Rettungskräfte und Polizei sind im Einsatz.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) traf in der Nacht am Tatort ein und zeigte sich sichtlich betroffen. «Aus dem Nichts sticht jemand wahllos auf Menschen ein», sagte Reul. „Wir in Nordrhein-Westfalen, wir sind tief erschüttert und in Trauer vereint.“ Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer.

Die Stadt hat das ursprünglich für drei Tage geplante Straßenfest komplett beendet. Auch die für diesen Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wurden abgesagt.

Wahllos auf Passanten eingestochen

Laut Polizei schlug der Angreifer gegen 21.37 Uhr zu. Kurz darauf wurde Großalarm ausgelöst. Mindestens ein Hubschrauber war in der Luft, zahlreiche Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Rettungswagen waren unterwegs, Straßen weiträumig abgesperrt. Bewaffnete Beamte sicherten den Einsatzort. 

Laut „Solinger Tageblatt“ folgten tausende Besucher der Aufforderung, den Platz ruhig zu verlassen und nicht in Panik zu verfallen. „Die Menschen sind geschockt, aber friedlich vom Platz (gegangen)“, wurde Philipp Müller zitiert, einer der Mitorganisatoren des Festes. Später herrschte dann gespenstische Stimmung in der fast menschenleeren Innenstadt.

Oberbürgermeister spricht von Attentat 

Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte erschüttert. „Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer“, schrieb der SPD-Politiker auf der Facebook-Seite der Stadt. „Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.“

Polizei und Rettungswagen stehen in der Nähe des Einsatzortes. picture alliance/dpa/Gianni Gattus
Polizei und Rettungswagen stehen in der Nähe des Einsatzortes.
Polizei und Rettungswagen stehen in der Nähe des Einsatzortes.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete den Anschlag als „Akt brutalster und sinnloser Gewalt“. Die Tat habe „unser Land ins Herz getroffen“, schrieb er auf der Plattform X. NRW sei in Erschütterung und Trauer vereint. „In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen“, schrieb der CDU-Politiker weiter. Und: „Ein großer Dank gilt den vielen Rettungskräften und unserer Polizei, die in diesen Minuten um Menschenleben kämpfen.“

Bundeskanzler Scholz meldet sich zu Wort

Die Sicherheitsbehörden tun nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach dem „brutalen Anschlag“ alles, um den Angreifer zu fassen und die Hintergründe der Tat aufzuklären. Die Polizei in Nordrhein-Westfalen habe dabei jede Unterstützung des Bundes, schrieb die SPD-Politikerin auf X. Sie stehe laufend in Kontakt mit Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) und den Sicherheitsbehörden.

Faeser bezeichnete den Anschlag als „erschütternd“. „Wir trauern um die Menschen, die auf furchtbare Weise aus dem Leben gerissen wurden“, schrieb die Ministerin weiter. Sie sei in Gedanken bei den Familien der Getöteten und bei den Schwerverletzten.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich nach einem Telefonat mit dem Solinger Bürgermeister ebenfalls betroffen über den tödlichen Messerangriff geäußert. „Der Anschlag in Solingen ist ein schreckliches Ereignis, das mich sehr bestürzt“, erklärte der SPD-Politiker auf der Plattform X. „Wir trauern um die Opfer und stehen an der Seite der Angehörigen. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung“, erklärte der Kanzler und ergänzte: „Der Täter muss rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden.“

Polizei richtet Hinweisportal ein

Die Polizei schaltete ein Hinweisportal frei, über das Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Die Stadt Solingen wiederum richtete für Bürger eine Hotline für Fragen nach Vermissten ein (0212 – 290-2000). Bei der Polizei hätten sich Anfragen besorgter Angehöriger gehäuft, hieß es.

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Das „Festival der Vielfalt“ in Solingen hatte am Freitag begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung hieß es: „Solingen Mitte wird dabei zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert.“ In den Straßen erwarte die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.

Faeser kündigte erst kürzlich Verschärfung des Waffenrechts an

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst kürzlich eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben. (dpa/mp)

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