Böller und brennende Barrikaden bei Soli-Demo für „Nazi-Jägerin“
Erst war alles friedlich, doch dann schlug die Stimmung um: Bei einer antifaschistischen Demonstration unter dem Motto „Wir sind alle LinX“ ist es am Samstag in Leipzig zu Ausschreitungen gekommen – es flogen Steine und Barrikaden brannten.
Schon während des Aufzugs von der Innenstadt in den Leipziger Süden wurden am Samstag immer wieder Gebäude mit Steinen beworfen. Nach dem offiziellen Ende des Aufzugs entzündeten Vermummte im Stadtteil Connewitz Barrikaden. Die Polizei fuhr Wasserwerfer auf, die wiederum mit Steinen beworfen wurden. Für die Demonstration war bundesweit mobilisiert worden.
Demo in Leipzig: Protestler forderten Freilassung der Studentin Lina E.
Laut Polizei beteiligten sich in der Spitze bis zu 3500 Menschen an der Demonstration, die Organisatoren sprachen von 6000. Sie wurde von einem Kampagnenbündnis organisiert. Anlass war der Prozess gegen die Leipziger Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte aus Leipzig und Berlin wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Attacken auf mutmaßliche Rechte.
Die Pädagogikstudentin soll seit Sommer 2018 eine wichtige Rolle bei „Nazi-Jagden“ gespielt haben, bei denen bei Angriffen auf rechte Kneipen und andere Szene-Einrichtungen sowie einer Serie von Brandanschlägen in Thüringen Selbstjustiz verübt wurde. Lina E. soll gemeinsam mit anderen „Nazi-Jägern“ als Polizistin verkleidet auch in die Wohnung eines Mannes eingedrungen sein und ihn mit einem stumpfen Gegenstand verprügelt haben. Die schwangere Freundin sah zu. Bei dem Mann, der Platzwunden am Kopf und eine mehrfache Fraktur des Fußknochens davontrug, soll es sich nach Angaben in dem Bekennerschreiben um einen jahrelang aktiven Neonazi handeln.
Bei der Demo am Samstag solidarisierten sich Protestler mit der 26-Jährigen und forderten ihre sofortige Freilassung.
Die Demonstration begann zunächst friedlich, auch wenn immer wieder Böller und Bengalos gezündet wurden. Als der Zug die Polizeidirektion Leipzig passierte, wurden Flaschen, Feuerwerkskörper und laut Polizei teilweise mit Farbe gefüllte Gegenstände gegen das Gebäude geworfen.
Das könnte Sie auch interessieren: Teures Segelboot geht in Flammen auf – Besitzer kann nur zugucken
Entlang der Demo-Route sammelten einzelne schwarz Vermummte immer wieder Pflastersteine auf und schleuderten sie gegen die Scheiben mehrerer Bankgebäude; auch ein Haus mit Studentenappartements war Ziel.
Polizei: Schwarzer Block trug Droh-Banner vor sich her
Am späten Nachmittag wurde die Demonstration am Connewitzer Kreuz offiziell beendet. Wie eine Polizeisprecherin sagte, hat die Staatsanwaltschaft Leipzig Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Eine Vielzahl von Teilnehmern sei vermummt gewesen.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Ein schwarzer Block innerhalb der Demonstration trug ein Transparent mit einer Drohung gegen den Chef des Polizeilichen Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ). „Bald ist er aus Dein Traum, dann liegst Du im Kofferraum“ war auf dem Stoffbanner hinter dem Namen des PTAZ-Chefs zu lesen.
Das könnte Sie auch interessieren: Männer zünden schlafenden Obdachlosen an: Polizei sucht Zeugen
Am Abend beruhigte sich die Lage in Connewitz allmählich. Ein Polizeihubschrauber kreiste über dem Viertel. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 1000 Kräften im Einsatz Die sächsischen Beamten hatten Unterstützung aus Berlin, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Ausschreitungen in Leipzig: Sieben Beamte leicht verletzt
Nach Angaben der Polizeidirektion vom späten Abend wurden sieben Beamte leicht verletzt. Es seien Ermittlungsverfahren unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung, Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten und Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet worden. (dpa/ncd)