„Museumsreife Technik“: Luftwaffenchef meckert über mangelnde Ausstattung
Bittere Bilanz bei der Bundeswehr: Der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz beklagt die unzureichende Ausstattung mit Helikoptern, Kampfjets und Munition – und stellt fest, dass die Technik der Luftwaffe teils „museumsreif“ sei.
„Unser aktueller Transporthubschrauber beispielsweise steht auch schon im Deutschen Museum“, sagte Gerhartz dem „Handelsblatt“. „Und um den Tornado in die Luft zu bekommen, ist erheblicher Aufwand notwendig. Auf eine Flugstunde kommen fast 200 Technikerstunden.“ „Auch hier ist die Technik museumsreif.“ Zudem gebe es in bestimmten Bereichen der Munition große Defizite, „nicht was die Qualität, aber die Anzahl betrifft“, schilderte er.
Hintergrund: Der aktuelle Transporthubschrauber der Bundeswehr ist der Sikorsky CH-53G. Der 10,7 Tonnen schwere Helikopter wurde in den 1960er Jahren in den USA entwickelt und ist seit 1972 bei der Bundeswehr im Dienst. Doch die in die Jahre gekommenen Hubschrauber sollen wohl nicht mehr lange im Einsatz sein: So kündigte das Bundesverteidigungsministerium in einem Bericht die „Beschaffung von 60 (Boenig) CH47-F Block II als Nachfolgelösung für das Waffensystem CH-53G“ – und die „Ablösung der CH-53G-Flotte“ sei „zwingend notwendig“. Heißt konkret: Bis 2026 sollen 60 neue Boeing CH-47F („Chinook“) aus den USA beschafft sein.
Bundeswehr: Luftwaffenchef Gerhartz beklagt unzureichende Ausstattung
Im vergangenen Jahr wurde dann bekannt, dass die Anschaffung der hochmodernen Multi-Missionshubschrauber von Boeing deutlich teurer als geplant wird: Ursprünglich waren sechs Milliarden Euro eingeplant gewesen seien, doch wegen der Inflation und – laut eines damaligen Berichts von „Business Insider“ – auch der teuren Extrawünsche der Deutschen wird es nun mehr.
Nicht nur die Transporthubschrauber sollen ersetzt werden, außerdem steht der Ersatz für die Tornado-Kampfjet-Flotte – deren Technik Gerhartz ebenfalls für „museumsreif“ hält – schon bereit. Bis 2030 sollen 35 F-35 Tarnkappen-Kampfjets beschafft werden. Dazu heißt es im jüngsten Bericht des Bundesverteidigungsministerium zu Rüstungsangelegenheiten: „Das Nutzungsdauerende für das Waffensystem Tornado wurde (…) bis zur Einführung eines Nachfolgesystems auf Ende 2030 festgesetzt.“ Neben den 93 Tornados verfügt die deutsche Luftwaffe eigenen Angaben zufolge aktuell über 138 Eurofighter-Kampfjets.
Luftwaffenchef Gerhartz hat noch einen weiteren Wunsch, wie er sagt: So sei seiner Ansicht nach das „Sondervermögen Bundeswehr“ über 100 Milliarden Euro „eine Anschubfinanzierung für wichtige Modernisierungsprojekte. Aber wir müssen zusätzlich den regulären Verteidigungshaushalt dringend auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen, um beispielsweise Munition zu beschaffen“, sagte der General. „Hier geht es auch um Masse statt nur Klasse.“
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Zu einer möglichen Kampfjet-Koalition für die Ukraine äußerte sich Gerhartz allerdings zurückhaltend. „Hier bin ich ganz beim Kanzler. Wir müssen das, was wir der Ukraine versprochen haben, erstmal liefern.“ Deutschland habe ein Patriot-Luftverteidigungssystem abgegeben und ukrainische Soldaten daran ausgebildet. Außerdem werde die Ukraine weitere Luftverteidigungssysteme des Typs Iris-T SLM bekommen. „Auch hier sind wir mit der taktischen Ausbildung ukrainischer Soldatinnen und Soldaten involviert.“
Sowohl Patriot als auch Iris-T SLM wehrten tagtäglich russische Flugkörper und Raketen ab. „Das ist essenziell für den Schutz der Bevölkerung“, betonte Gerhartz. Ob es am Ende wie von Großbritannien und den Niederlanden angeregt eine internationale Kampfjet-Koalition geben werde, sei eine politische Entscheidung. (alp/dpa/afp)