Nach 30 Jahren Flucht: Meistgesuchter Mafia-Boss Italiens verhaftet
Er galt als letzter großer Boss der Cosa Nostra – nun ist er ins Netz gegangen: Nach drei Jahrzehnten auf der Flucht wurde Italiens gefürchtetster Mafiaboss Matteo Messina Denaro verhaftet. Unter den Jubel über einen „historischen“ Tag mischt sich aber auch Empörung.
Von zwei Carabinieri wird Messina Denaro in einen Kleinbus geschoben, dort warten schon Polizisten in Kampfmontur. Der Mann, der der meistgesuchte Mafioso Italiens war, versucht sein Gesicht unter einer Mütze und hinter dem Jackenkragen zu verstecken.
In Palermo endete mit der Verhaftung am Montagmorgen ein großes und für Italien so schmerzhaftes Kapitel des Kampfes gegen das organisierte Verbrechen. Spezialkräfte der italienischen Carabinieri nahmen den Gesuchten in einer Privatklinik in Palermo fest. „Ich bin Matteo Messina Denaro“, sagte der überraschte Verbrecher, als er am Eingang des Krankenhauses von Agenten angesprochen wird. Seine seit 1993 dauernde Flucht war vorbei.
Dutzende Polizisten sicherten die Klinik. Als klar war, wer hier verhaftet wurde, applaudierten andere Patienten spontan. Auf Handyvideos ist zu sehen, wie Passanten in Palermo nach dem Einsatz zu den Carabinieri gehen und sich – teils unter Tränen – bedanken.
Ehemaliger Cosa Nostra-Boss Matteo Messina Denaro in Palermo verhaftet
Nach drei Jahrzehnten der Fahndung nach dem letzten großen Boss der sizilianischen Cosa Nostra feiert Italien die Ergreifung des heute 60-Jährigen. Messina Denaro wurde wegen einiger der furchtbarsten Verbrechen der jüngeren Geschichte verurteilt. „Heute ist ein Tag zum Feiern“, so Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Palermo, „denn wir können unseren Kindern sagen, dass man die Mafia besiegen kann.“
Der in einer sizilianischen Kleinstadt geborene Messina Denaro wurde in Abwesenheit wegen Dutzender Verbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt. Es sind abscheuliche Taten darunter: Er soll etwa die Bombenanschläge auf die Staatsanwälte Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Jahr 1992 organisiert haben, bei denen die zwei Mafia-Jäger sowie mehrere Begleiter starben. Auch die Entführung eines Jungen 1993 soll er mitgeplant haben. Die Mafia wollte erzwingen, dass sein Vater nicht vor Gericht aussagt. Nach 779 Tagen in ihrer Gewalt erdrosselten die Mafiosi den Jungen kurz vor dessen 15. Geburtstag und lösten seinen Leichnam in Säure auf.
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Zu jener Zeit begann Messina Denaro damit, zum Boss der Cosa Nostra aufzusteigen. Er galt als Vertrauter und dann Nachfolger der ehemaligen und bereits verstorbenen Cosa-Nostra-Paten Salvatore Riina und Bernardo Provenzano. Unter den Jubel über die Verhaftung mischte sich aber auch Unglaube und gar Entsetzen, dass es so lange dauerte, bis der meistgesuchte Kriminelle des Landes festgenommen werden konnte.
Messina Denaro ließ sich seit nicht weniger als einem Jahr wegen einer Krebserkrankung in der Privatklinik behandeln. Das Krankenhaus teilte mit, dass er vor einem Jahr unter dem Namen Andrea Bonafede eincheckte und operiert wurde und auch danach immer wieder zu Nachkontrollen kam. Angeblich hatte er einen offiziellen Personalausweis und sogar eine Steuernummer unter dieser Identität. (alp/dpa)