Nach AstraZeneca: Nächster Stoff mit Impfstopp belegt – was heißt das für die Pandemie?
Das sind keine guten Nachrichten für die deutsche Impf-Kampagne: Nach den Komplikationen mit dem britischen Impfstoff von AstraZeneca gibt es nun ein zweites Problem-Vakzin. Was bedeutet das für den Kampf gegen die Pandemie?
Es ruhten große Hoffnungen auf ihm: Der Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson sollte weltweit für eine schnelle Immunisierung sorgen. Denn: Im Gegensatz zu anderen Vakzinen muss er nur einmal gespritzt werden. Gestern dann die Nachricht: Die USA wollen die Impfung damit stoppen – der Grund: Fälle von Blutgerinnseln. Der Hersteller verschiebt nun sogar die Markteinführung in Europa.
Bisher wurden sieben Millionen Menschen mit Johnson&Johnson geimpft
Derzeit würden sechs Fälle untersucht, bei denen es zwischen sechs und 13 Tagen nach der Impfung zu Sinusvenenthrombosen gekommen war, teilten die US-Gesundheitsbehörde CDC und die Arzneimittelbehörde FDA mit. Die Betroffenen seien alle weiblich und zwischen 18 und 48 Jahre alt, eine sei gestorben. Daraufhin wurde ein Impfstopp „aus einem Übermaß an Vorsicht“ empfohlen, wie die FDA auf Twitter mitteilte. Um die Daten ins Verhältnis zu setzen: Bisher wurden in den USA knapp 7 Millionen Menschen mit dem Vakzin geimpft.
Es ist bereits der zweite Stoff, der Probleme macht: Im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt von AstraZeneca vorübergehend ausgesetzt, nachdem das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ein entsprechendes Vorgehen empfohlen hatte. Grund waren auch hier Thrombosen kurz nach der Impfung. Andere Länder reagierten ähnlich.
Hamburg: Auswirkungen des Stopps noch nicht klar
Was bedeutet der Lieferstopp nun für unsere Impfkampagne? Deutschland sollte für bis Juni gut 10 Millionen Dosen und bis Ende des Jahres insgesamt 36,7 Millionen Dosen Johnson & Johnson bekommen. Der Hersteller wäre damit nach Biontech/Pfizer der zweitgrößte Lieferant für die deutsche Impfkampagne. Die geplanten Liefermengen von AstraZeneca und Moderna sind zwar höher, doch beide Wirkstoffe müssen zweimal verabreicht werden, bei Johnson & Johnson hingegen reicht eine Einmalimpfung. Dass der Hersteller liefert, ist wichtig für das „Impfangebot bis Ende des Sommers“ für alle.
Niedersachsen sollte in dieser Woche die ersten rund 100.000 Dosen des Herstellers erhalten. Damit sollten zunächst gezielt Menschen über 80 Jahre geimpft werden, wie die Vize-Leiterin des Krisenstabs, Claudia Schröder, gestern sagte. Unklar ist, ob die nun kommen. Auch von der Hamburger Sozialbehörde hieß es: „Welche Auswirkungen das für die Impfungen in Hamburg hat, können wir derzeit noch nicht sagen. Es gab bisher lediglich die Ankündigung einer einzigen J&J-Lieferung von knapp 5000 Impfdosen.“
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Aber selbst wenn der Stoff kommt: Darf er überhaupt verspritzt werden? Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums erklärte gegenüber der „Tagesschau“, dass es noch keine Entscheidung für den weiteren Umgang mit dem Vakzin in Deutschland gebe. „Wir nehmen solche Warnungen immer ernst und gehen ihnen nach“.
Lauterbach sieht mehr Vorteile des Vakzins
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach betonte, dass trotz der selten auftretenden Thrombosen die Vorteile des Vakzins überwiegten. „In einer Situation begrenzter Impfstoffe wäre der Verzicht auf diese Impfstoffe unvertretbar“, twitterte er.
Sowohl das Mittel von Johnson & Johnson als auch AstraZeneca sind sogenannte vektorbasierte Impfstoffe. Sie nutzen ein harmloses Virus, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. So kann eine schnelle Immunabwehr erfolgen. (hb/dpa)