Nach Tod von Kasia Lenhardt (†25): Expertin: So gefährlich ist Cybermobbing wirklich
Berlin –
Der Schock über den Tod von Model Kasia Lenhardt sitzt immer noch tief. Die Ex-Freundin von Bayern-Star Jerome Boateng (32) starb mit nur 25 Jahren – nach einer öffentlichen Schlammschlacht und Hass-Tiraden von Fremden im Internet. Dass dieses sogenannte Cybermobbing tödlich enden kann, davor warnt auch Psychologin Dr. Catarina Katzer. In der MOPO erklärt sie ein immer größer und gefährlicher werdendes Problem.
„Ich hoffe, dass die ganzen Leute endlich aufwachen und aufhören mit diesen scheiß Beleidigungen und Hassnachrichten. Anscheinend merken die Menschen gar nicht mehr, was sie anrichten“, schrieb Cheyenne Ochsenknecht (20), Promi-Tochter und Freundin von Kasia Lenhardt, auf Instagram – und sprach damit vielen aus der Seele.
Nach Lenhardts Tod machten auch ihre Model-Kollegin Sara Kulka und Ex-Monrose-Sängerin Senna Gammour auf Instagram mobil gegen Cybermobbing. Sie posteten Bilder mit dem Schriftzug „Stop Mobbing“.
Cybermobbing-Expertin: „Opfer haben keinen Schutzraum”
Dass das Hetzen im Netz aufhört, hofft auch Cybermobbing-Expertin Catarina Katzer. Sie sagt: „Betroffene leben in ständiger Angst, da es keinen Schutzraum mehr gibt. Der Täter ist auf dem Smartphone permanent präsent – man trägt ihn sozusagen in der Hosentasche mit sich rum.“
Handys hätten die Art des Mobbings verändert: „Durch die Trennung von der Mobbing-Handlung, die online und nicht ‚face to face‘ stattfindet, verändert sich unsere Wahrnehmung. Aus Tätersicht entsteht psychologisch eine Distanz – geringere digitale Empathie ist die Folge, man kann nicht nachempfinden, was man den Opfern antut“, erklärt die Psychologin.
Ein Viertel der betroffenen Jugendlichen hat Suizid-Gedanken
Cybermobbing-Opfer werden teils über Jahre online heftigst beleidigt, ihnen wird der Tod gewünscht oder sogar Mord angedroht – alles im Schutz der vermeintlichen Anonymität im Netz.
Die Auswirkungen sind dramatisch: Laut der Organisation „Cyberlife – Das Bündnis gegen Cybermobbing” hat ein Viertel der jugendlichen Betroffenen Suizidgedanken. Besonders beängstigend: Täter und Opfer werden immer jünger. Katzer sagt, dass immer mehr Kinder Smartphones besitzen, 60 Prozent der Lehrer kennen Cybermobbing-Fälle an ihren Grundschulen.
Cybermobbing: Suizid-Opfer sind sehr jung
Auch bei den Suizid-Fällen, die auf Cybermobbing zurückgehen, handelt es sich meist um junge Menschen. 2012 nahm sich der 20-jährige Niederländer Tim Ribbernik das Leben. Auf Facebook war der Einzelgänger jahrelang als „Softie”, „Looser” oder „Homo” beschimpft worden. Ein Jahr später wurde der Fall der 14-jährigen Hannah Smith aus Großbritannien bekannt. Das junge Mädchen hatte Nachrichten wie „Stirb, jeder wäre glücklich darüber” oder „Tu uns einen Gefallen und bring dich bitte einfach um“ erhalten und sich daraufhin in ihrem Kinderzimmer erhängt.
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Die Gefahr durch Cybermobbing steigt seit Jahren an, ein weiterer Verstärker: Corona. Laut einer aktuellen Studie des Bündnisses gegen Cybermobbing und der Techniker Krankenkasse ist der Anteil der im Internet gemobbten Kinder und Jugendlichen zwischen 2017 und 2020 um 36 Prozent gestiegen. Jeder vierte Betroffene hatte deswegen schon mal Suizidgedanken, jeder Fünfte griff aus Verzweiflung zu Alkohol oder Tabletten.
Expertin: „Die Schule ist in der Pflicht”
Doch wie kann man dem am besten entgegengewirken? Am besten, in dem man schon frühzeitig anfängt, sagt Katzer: „Die Schule hat die Verpflichtung, sich um die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen, die ihre Schule besuchen, zu kümmern. Wenn sich also auffällige Schüler verändern oder Hilfe und Rat bei Problemen suchen, sind sie verpflichtet, dies ernst zu nehmen. Zumal es ja häufig über Mitschüler stattfindet, ist die Verbindung zur Schule immer gegeben.“
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Zudem brauche es gezielte Präventionskonzepte – die in Staaten wie etwa Norwegen schon erfolgreich eingesetzt werden und dort Gewalt und Mobbing an Schulen deutlich reduziert haben.
Schon länger wird auch über verschärfte Richtlinien und Regulation von Kommentarfunktionen in den sozialen Netzwerken nachgedacht – die Unternehmen ziehen bislang allerdings noch nicht wirklich mit.