Nach Wirbel um AstraZeneca: So soll es mit dem Impfen jetzt weitergehen
Berlin –
Der Impfstoff von AstraZeneca heißt jetzt „Vaxzevria“. Sonst ändert sich nix – oder doch? Nach der neuerlichen Altersbeschränkung für das Vakzin ist die Verunsicherung groß, wie es mit der Impfkampagne in Deutschland weitergeht. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
- Was ist die Ausgangslage?
Bei Impfungen mit AstraZeneca sind insgesamt 31 Fälle von Gehirnthrombosen bei Menschen unter 60 Jahren festgestellt worden. Da ein direkter Zusammenhang nicht auszuschließen ist, hat die Ständige Impfkommission (Stiko) empfohlen, Impfungen für unter 60-Jährige auszusetzen. Die Bundesregierung und die Länder sind dem gefolgt. Bisher sind etwa 2,7 Millionen Erstimpfungen in Deutschland mit dem Vakzin erfolgt.
AstraZeneca: Bei der Gruppe „Ü65“ sind bisher keine Thrombosen dokumentiert
- Soll man sich weiter mit AstraZeneca impfen lassen?
Unter 60-Jährige können sich „nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoanalyse nach sorgfältiger Aufklärung“, weiterhin damit impfen lassen, erklärt die Ständige Impfkommission (Stiko). Das Bundesgesundheitsministerium hat bereits vor zwei Wochen darauf hingewiesen, dass durch das Auslassen der zweiten Impfung keine Gefahr bestehe. Man sei bereits nach der ersten relativ gut geschützt. Die Europäische Arzneimittelbehörde sieht – anders als die Stiko – nach ersten Einschätzungen weiterhin kein altersspezifisches Risiko, teilte sie am Mittwoch mit. Eine endgültige Empfehlung erfolge aber erst kommende Woche. Bei der Gruppe „Ü65“ sind Thrombosen bisher nicht dokumentiert, ihr Immunsystem gilt als zu schwach, um die starke Autoimmunreaktion auszulösen. Jüngere Patienten sollten sich aber einen anderen Impfstoff spritzen lassen.
Impfen gegen Corona: Deutschland und die EU hinken hinterher
- Gerät die Impfkampagne jetzt in Verzug?
Nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach wird die Verunsicherung nur zu einer „kurzen Delle“ in der Kampagne führen, bevor das Impftempo wieder angezogen werden kann. Es sei insgesamt ja nicht weniger Impfstoff da, sondern dieser müsse nur anders genutzt und verteilt werden, argumentiert Lauterbach. Der Politiker schlägt vor, mit den Impfstoffen Moderna und Biontech für zwölf Wochen nur Erstimpfungen vorzunehmen. Dies verhindere nach Studienlage bereits alle Todesfälle. Zudem könne so bis Ende Juni jeder Impfwillige ein Angebot erhalten.
- Wie steht es überhaupt um die Impfziele?
Unabhängig von AstraZeneca hinken Deutschland und die EU ihren selbst gesteckten Impfzielen bisher hinterher. Eigentlich sollten bis Ende März 80 Prozent der über 80-Jährigen geimpft sein. Laut Robert-Koch-Institut ist dies selbst für die Erstimpfung nur in wenigen Bundesländern erreicht (z. B. Schleswig-Holstein mit 79,5 %). Trotzdem gibt es gute Nachrichten. Die „New York Times“ berichtet von einer Biontech-Studie an Kindern (12-15): Erste Ergebnisse deuten bei ausschließlich milden Nebenwirkungen auf einen hundertprozentigen Schutz hin. Lauterbach nennt dies einen „Quantensprung für die Herdenimmunität“.
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- Was ist mit der Zweitimpfung?
Laut Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) haben bereits 2,2 Millionen Menschen unter 60 Jahren eine Erst-Impfung mit AstraZeneca erhalten. Laut Beschluss der Gesundheitsminister haben die Betroffenen zwei Möglichkeiten: die zweite Impfung auf eigenes Risiko mit AstraZeneca durchführen zu lassen oder auf die Empfehlung der StiKo zu warten, mit der Ende April gerechnet wird. Die Hamburger Sozialbehörde erklärte am Mittwoch auf MOPO-Nachfrage, dass bei allen Personen unter 60 Jahren nun – den Stiko-Empfehlungen entsprechend – nicht mit AstraZeneca, sondern mit einem anderen Vakzin geimpft werde.
Da der Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung zwölf Wochen betrage, „stehen Zweitimpfungen mit AstraZeneca frühestens im Mai an“, sagt Sprecher Martin Helfrich. Bis dahin würden Wissenschaftler und Mediziner klären, wie genau eine Zweitimpfung idealerweise aussehen sollte. (cmb/abu)