Moderna-Mitarbeiterin bei der Herstellung vom Corona-Impfstoff
  • Moderna-Mitarbeiterin bei der Herstellung vom Corona-Impfstoff.
  • Foto: picture alliance/dpa/PA Media | Moderna

„Neue Welt von Arzneimitteln“: Wie mRNA die Medizin verändern könnte

AIDS, Tuberkulose, Krebs – könnten all diese Schreckenskrankheiten bald Geschichte sein? Schon länger schwärmen Forscher, dass die neue mRNA-Technologie die Medizin revolutionieren könne. Und jetzt wagt der Biotechnik-Konzern Moderna einen riesigen Schritt: Das erste Mal ein HIV-Vakzin an Menschen zu testen.

Die meisten Menschen haben von mRNA-Impfstoffen wohl das erste Mal in der Coronapandemie gehört. Doch schon jahrelang forschen Wissenschaftler an der innovativen Technologie – nur deshalb konnten die Corona-Vakzine überhaupt so schnell entwickelt werden. Durch den erstmals großflächigen Einsatz der mRNA-Impfstoffe von Biontech und Moderna gegen Sars-COV-2 gelten sie als sicher und wirksam.

Biontech-Gründer: „Das wird einen Boom auslösen”

Und das eröffnet völlig neue Möglichkeiten: „Wir haben mit der mRNA die Tür zu einer neuen Welt von Arzneimitteln geöffnet“, erklärt Biontech-Gründer Uğur Şahin im „Spiegel“-Interview. „Das wird einen Boom auslösen.“ In nur 15 Jahren werde ein Drittel aller neu zugelassenen Arzneimitteln auf mRNA-Technik basieren, prognostiziert der Mediziner. Viele Impfstoffe werden künftig auf mRNA-Basis umgestellt und dadurch „effizienter oder überhaupt erst möglich werden.“

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Bei der Impfung mit mRNA (Abkürzung für Messenger-Ribonukleinsäure) werden keine Krankheitserreger in den Körper geschleust, sondern die Baupläne für Proteine – im Fall von Corona das „Spike-Protein“. Anhand des Bauplans stellen menschliche Zellen das Protein her. So lernt das Immunsystem sie kennen – und zu bekämpfen. Gelangt nun das echte Virus in den Körper, wird es anhand des Proteins sofort vom Immunsystem erkannt – und unschädlich gemacht. MRNA-Impfstoffe sind leichter herzustellen als herkömmliche Vektorimpfstoffe und können so auch schneller an Mutationen angepasst werden.

Mit mRNA gegen Krebs, Aids und Multiple Sklerose

Die Wirkungsweise von mRNA kann auch im Kampf gegen Krebs helfen – wo die Forschung auch herkommt. Denn von selbst erkennt das menschliche Immunsystem die schädlichen Krebszellen nicht, weshalb sie sich ungestört im Körper verbreiten können. Werden ihm aber durch mRNA die Baupläne zugesteckt, könnte sich das ändern.

Weltweit wird der Einsatz von mRNA-Impfstoffen gegen unterschiedliche Krebsarten bereits getestet. Biontech etwa führt eine Studie gegen Dickdarmkrebs durch, eine weitere zu Brustkrebs könnte folgen. Allein im Krebsbereich habe Biontech mehr als 20 Arzneimittelkandidaten in der Entwicklung, so Şahin im „Spiegel“. Das Ziel sei eine „individualisierte Krebsmedizin“, die auf den Patienten und die Genetik des jeweiligen Tumors zugeschnitten seien.

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Und bei Krebs ist noch nicht Schluss. Neben weiteren Covid- und neuen Grippevakzinen wird auch an HIV- und Tuberkulose-Impfungen geforscht, ebenso am mRNA-Einsatz gegen Allergien, Demenz, Arthrose, Herzkreislauf- und Stoffwechselkrankheiten oder Autoimmunerkrankungen, wie Multiple Sklerose oder Rheuma.

Auch wirtschaftlich vielversprechend: Pharmagiganten investieren

Und dafür fließt richtig viel Geld: Nach dem Erfolgszug gegen Covid sind Pharmariesen wie „Sanofi“, „GSK“ oder „Pfizer“ auf den Zug der mRNA-Vorreiter aufgesprungen. Jüngst machte die milliardenschwere Übernahme der mRNA-Hoffnungsträger-Firma „Translate Bio“ von „Sanofi“ Schlagzeilen. Allein dieser Pharmagigant kündigte an, rund 400 Millionen Euro im Jahr in die Forschung investieren zu wollen.  

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Welches Potential in der mRNA-Medizin steckt, verdeutlicht auch eine Ankündigung von Moderna: Das Unternehmen will zwei Vakzin-Kandidaten gegen HIV an 56 Erwachsenen testen. Schon seit Jahrzehnten wird vergeblich versucht, eine Impfung gegen das extrem schnell mutierende HIV zu entwickeln. In der zehnmonatigen Phase 1 will Moderna nun untersuchen, ob die Mittel sicher und verträglich sind und ob überhaupt eine Immunantwort herbeigeführt wird. Ob und wie gut sie gegen HIV wirken, wird erst später erprobt. Dennoch: ein echter Hoffnungsschimmer im Kampf gegen AIDS. Aktuell sind weltweit 38 Millionen Menschen mit HIV infiziert.

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