Nicht mehr zeitgemäß?: Rassismus-Debatte um die Heiligen Drei Könige entfacht
Ulm –
Sie gehören eigentlich in jede Weihnachtskrippe: die drei Heiligen Könige Caspar, Balthasar und der schwarze Melchior. Doch im Klima der derzeitigen Rassismus-Debatte in Deutschland stellt sich nun die Frage: Wie rassistisch sind die Heiligen Drei Könige? Die evangelische Münstergemeinde in Ulm hat ihre Antwort auf die Frage gefunden: Sie werden die drei Figuren aus ihrer Weihnachtskrippe entfernen.
„Die Holzfigur des Melchior ist etwa mit seinen dicken Lippen und der unförmigen Statur aus heutiger Sicht eindeutig als rassistisch anzusehen”, sagt Ernst-Wilhelm Gohl, Dekan der evangelischen Münstergemeinde. Dies könne und wolle die Gemeinde so nicht stehen lassen. Die drei Figuren, darunter der Melchior mit schwarzer Hautfarbe, sollten in diesem Jahr in der Weihnachtskrippe nicht gezeigt werden, sagte Gohl.
Heinrich Bedford-Strohm: Heilige Drei Könige gehören zur Weihnachtsgeschichte
Die Gemeinde reagiere damit auf die andauernde Rassismus-Debatte in Deutschland. Das diesjährige Weihnachten solle nicht von einer Debatte um die Krippenfiguren bestimmt werden. Eine endgültige Entscheidung zum Umgang mit der Figur des Melchior wolle die Gemeinde „in aller Ruhe“ im neuen Jahr treffen, so Gohl. Zunächst hatte die „Südwest Presse“ darüber berichtet.
Die Entscheidung der Gemeinde kann der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm nicht nachvollziehen. Seiner Meinung nach sind die Heiligen Drei Könige „Teil der Faszination der Weihnachtsgeschichte”. „Für mich ist entscheidend, ob mit der Darstellung unterschiedlicher Hautfarben implizit oder explizit unterschiedliche Wertigkeiten zugeschrieben werden”, sagte der bayerische Landesbischof der Deutschen Presse-Agentur.
Sternensinger am Dreikönigstag: Nicht mehr schwarz schminken
Bedford-Strohm sagte weiter: „Bei den Heiligen Drei Königen geht es um hochstehende Persönlichkeiten, die zusammen mit den armen Hirten zur Krippe kommen. Unterschiedliche Wertigkeiten werden hier gerade nicht zugeschrieben. Im Gegenteil: Teil der Faszination der Weihnachtsgeschichte ist, dass Reiche und Arme gleichermaßen vor dem Kind in der Krippe niederknien, seine Liebe spüren und Hoffnung für die Welt gewinnen. Von dieser Liebe und Hoffnung brauchen wir viel mehr in der Welt.“
Das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ empfiehlt derweil, Kinder, die am Dreikönigstag von Haus zu Haus gehen und Spenden sammeln, nicht schwarz zu schminken. Der alte Brauch habe zwar nichts mit rassistischem „Blackfacing“ zu tun. Aber: „Gleichwohl geht die Gleichsetzung von Hautfarbe und Herkunft heute nicht mehr auf”, heißt es auf der Homepage des Werks.
„Wir glauben, dass der ursprüngliche Sinn der Tradition besser deutlich wird, wenn Kinder als Sternsinger so gehen, wie sie eben sind: vielfältig in ihrem Aussehen.“ Im Zuge der Rassismus-Diskussion wurden zuletzt immer wieder Fälle bekannt, bei denen Unternehmen die Namen ihrer Produkte verändert oder ältere Filme oder Serien mit rassistischen Inhalten aus dem Programm geworfen wurden. (alp/dpa)