Protest gegen sexualisierte Gewalt in Nigeria
  • Protest gegen sexualisierte Gewalt in der nigerianischen Hauptstadt Abuja am 16. Juni 2020.
  • Foto: Olamikan Gbemiga / AP / pa

Notstand in Nigeria ausgerufen: Massiver Anstieg von Vergewaltigungen

Während der Corona-Pandemie ist die Zahl der Vergewaltigungsopfer in Nigeria in die Höhe geschnellt. Das westafrikanische Land hat zwar einen Notstand ausgerufen – gehört und ernst genommen werden Betroffene trotzdem nicht. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat einen alarmierenden Bericht veröffentlicht, in dem Frauen und Mädchen zu Wort kommen.

 „Ich fühlte mich nutzlos. Ich hatte das Gefühl, dass mich niemand liebte und verfiel wieder in Depressionen. Ich glaube, diesmal war es schlimmer als beim ersten Mal.“ Erschütternde Worte von der 26-jährigen Lucia aus Nigeria, die sich gegenüber Amnesty International geöffnet hat. Sie ist eine von vielen: Allein 2020 hat die nationale Menschenrechtskommission (NHRC) 11.200 Vergewaltigungen in dem Land gezählt.

Dabei gingen die Täter in einigen Fällen besonders brutal vor: Eine 22-jährige Studentin wurde in einer Kirche in Benin im Bundesstaat Edo derart brutal vergewaltigt, dass sie ihren Verletzungen einige Tage später erlag. Eine 18-jährige Studentin wurde bei einem Raubüberfall in Ibadan im Bundesstaat Oyo vergewaltigt und von ihren Vergewaltigern mit Macheten getötet. Im Mai 2021 wurde im Bundesstaat Kaduna ein sechsjähriges Mädchen zu Tode vergewaltigt.

Amnesty International geht von hoher Dunkelziffer aus

Amnesty International kommt in seinem Bericht zu dem Ergebnis, dass viele Fälle aufgrund von Stigmatisierung und Beschuldigung der Betroffenen gar nicht erst gemeldet werden – und die Dunkelziffer entsprechend hoch ist. Frauen berichten von einer ablehnenden Haltung der Polizeikräfte, seien bei Erstattung einer Anzeige gedemütigt und selbst verantwortlich gemacht worden. Die 21-jährige Boja musste sich etwa Sätze wie „Warum erlaubst du einem Mann, dich zu vergewaltigen?“ und „Es scheint, als hättest du es genossen“ anhören.


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Die Menschenrechtsorganisation macht Versäumnisse der Strafverfolgungsbehörden bei der Untersuchung von Vergewaltigungen, eine weit verbreitete Frauenfeindlichkeit und unzureichende Unterstützung der Überlebenden für für die Situation verantwortlich.

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„Die nigerianische Regierung hat aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Vergewaltigungszahlen einen Notstand ausgerufen. Das war ein wichtiger erster Schritt, dem jedoch keinerlei weitere Schritte gefolgt sind“, sagt Lisa Nöth, Nigeria-Expertin bei Amnesty International in Deutschland. Dass die Betroffenen auf sich allein gestellt sind, sei „untragbar.“ Sie fordert, dass alle Fälle „gründlich und unparteiisch“ untersucht und Täter angemessen bestraft werden. (mhö)

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