Verträge vor Beischlaf: Jetzt gibt’s die App, die das Sexleben regelt
Kopenhagen –
Ist es endlich der richtige Schutz vor sexuellen Übegriffen und Vergewaltigungen oder völlig übertrieben? In Dänemark gibt es jetzt die – nicht ganz unumstrittene – App „iConsent“, in der Mann und Frau einen 24-Stunden-Vetrag über einvernehmlichen Geschlechtsverkehr schließen können. Doch es gibt immer mehr Kritik an der jungen Erfindung.
Apps, die das Liebes- und Datingleben steuern, sind nichts Neues mehr. Aber eine App, die das Sexleben regelt? Was sich erst befremdlich anhört, funktioniert in der Bedienung relativ unkompliziert.
„iConsent“: Vertrag in App ist 24 Stunden gültig
Der oder diejenige, die gerne durch die Laken hüpfen möchte, muss zunächst die Telefonnummer des gewünschten Sexpartners oder der gewünschten Sexpartnerin eingeben. An ihn oder sie wird dann eine Benachrichtigung geschickt. Durch Drücken eines Buttons in der „iConsent“-App wird dann die Erlaubnis für „einen Verkehr“ erteilt, der 24 Stunden gültig ist – und jederzeit zurückgezogen werden kann. Der digitale „Vertrag“ wird verschlüsselt gespeichert – und kann vorgezeigt werden, wenn man die Einwilligung tatsächlich einmal nachweisen muss.
Dänemark: Sex ohne Einwilligung gilt als Vergewaltigung
Der Grund dafür, dass die App nun gerade in Dänemark den Weg zu den Nutzern findet, ist ein neues, dänisches Gesetz, das seit Dezember vergangenen Jahres gilt. Hier steht: Sex ohne explizite Einwilligung wird als Vergewaltigung gewertet. Auch in Schweden war bereits 2018 ein ähnliches Gesetz in Kraft getreten.
Mit der App, die auch Ratschläge zur sexuellen Gesundheit und Links zu Opferhilfegruppen für Menschen, die sexuell angegriffen wurden, enthält, wollen die Entwickler „Missbrauch und Missverständnis vorbeugen“.
Nutzer: Sorge vor Fälschungen
Aber: Es regen sich bereits die ersten, kritischen Stimmen und auch die ersten Bewertungen im Google Play Store sind eher mau: 2,3 von fünf Punkten.
In einigen Bewertungen ist zu lesen, dass Nutzer die Befürchtungen haben, dass die App missbraucht werden könnte, indem eine Partei gezwungen wird, die Anfrage anzunehmen, und eine gefälschte digitale Einverständniserklärung erstellt wird, die sie gar nicht wirklich erteilt hatte.
Professor: App spiegelt „naiven Glauben an Technologie“
Auch die dänische Zeitung „Berlingske“ schrieb, die App erinnere „verwirrend an Geldtransfers“. „Zuerst haben wir romantische Begegnungen über das Internet ausgelöst, wo wir uns hinter den Algorithmen verstecken konnten. Jetzt haben wir auch eine App erstellt, die jede Art von menschlicher Wärme von etwas entfernt, für das wir noch zusammen sein müssen: Sex.“
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Ein weiterer Kritiker: der Kopenhagener Professor und Mitglied des dänischen Ethikrates, Mikkel Flyverbom. Seiner Meinung nach spiegelt die App einen „naiven Glauben an Technologie“ wieder. Die Menschen sollten nicht den Eindruck haben, dass jede komplexe menschliche Interaktion durch Drücken von Knöpfen ersetzt werden kann, so Flyverbom.
Es bleibt abzuwarten, ob die App sich durchsetzen wird – und die eigentlich gute Idee dahinter in die Praxis umsetzen kann.