43 Tote nach Brücken-Einsturz: 59 Menschen auf der Anklagebank
Während eines Unwetters bricht in Genua vor vier Jahren plötzlich eine wichtige Autobahn-Brücke ein und reißt 43 Menschen in den Tod. Wer eine der größten Katastrophen in der italienischen Geschichte zu verantworten hat, ist bis heute nicht geklärt. In einem logistisch einmaligen Prozess soll nun die Wahrheit gefunden werden – angeklagt sind 59 Menschen.
Mit Tränen in den Augen lagen sich am Donnerstag vor dem Gerichtsgebäude in der norditalienischen Stadt Menschen in den Armen. Fast vier Jahre mussten Freunde und Familien auf diesen Tag warten, bis der Prozess um den tödlichen Einsturz der Autobahnbrücke „Ponte Morandi“ beginnen konnte.
Genua: Prozess um eingestürzte Brücke hat begonnen
„Es ist die letzte Hoffnung auf Gerechtigkeit, die wir haben“, sagte eine Angehörige, die bei dem Unglück am 14. August 2018 mit 43 Toten ihren Partner verlor, im italienischen Fernsehen. Die Bilder des eingebrochenen Brückenabschnitts mit einem Lastwagen, der kurz vor der Kante zum Stehen kam, gingen damals um die Welt.
Die Auftaktverhandlung am Vormittag dauerte nicht lange. Verschiedene Anträge wurden gestellt und die zukünftigen Verhandlungen terminiert. Am 12. September geht der Prozess weiter. Drei Säle standen wegen des hohen Andrangs bereit, einer davon ein Zelt. 59 Menschen müssen sich für das Unglück verantworten. Die Anklage will mehr als 170 Zeugen hören. Außerdem sind weit über 300 Zivilkläger zugelassen, und weitere könnten noch folgen.
„Ponte Morandi“ in Genua: Prozess vier Jahre später gestartet
Beobachter gehen davon aus, dass erste Urteile womöglich erst in zwei Jahren feststehen. Angeklagt sind unter anderem Fachleute und ehemalige Führungskräfte der Firma, die für die Wartungsarbeiten zuständig war, sowie Ex-Mitarbeiter des Infrastruktur-Ministeriums und Behörden-Funktionäre. Ihnen werden etwa mehrfache fahrlässige Tötung, Amtsmissbrauch und Unterlassung vorgeworfen. Zwei Unternehmen – die Wartungsfirma und der Autobahnbetreiber – konnten vor dem Prozess eine Zahlung von rund 30 Millionen Euro aushandeln und befinden sich deshalb nicht unter Anklage.
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Nach dem Einsturz 2018 wurden Hunderte Menschen, die unter dem Viadukt wohnten, obdachlos. Als Grund für den Zusammenbruch werden Schäden vermutet, die wegen ausgebliebener oder mangelhafter Wartungsarbeiten nicht entdeckt wurden. An der Stelle wurde später eine neue Brücke über den Fluss Polcevera gebaut, die im August 2020 unter dem Namen San-Giorgio-Brücke eingeweiht wurde. (alp/dpa)