Iran Mahsa A

Protestlerin in Berlin nach dem Tod von Mahsa A., mit einem Foto der Getöteten in der Hand. Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken

Von Sittenpolizei totgeprügelt? Fall von 22-Jähriger sorgt im Iran für Entsetzen

Totgeprügelt, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß? Der Tod einer jungen Frau im Polizeigewahrsam im Iran wirft zahlreiche Fragen auf – und hat in dem streng islamischen Land Empörung und Trauer ausgelöst. Die Regierung ist für das Vorgehen der Religionspolizei in Erklärungsnot. Auch in Deutschland gab es Proteste.

In mehreren iranischen Städten gingen Menschen in den vergangenen Tagen auf die Straße, bei der Beerdigung der 22-jährigen Mahsa A. demonstrierten Tausende. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars kam es dabei auch zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge auseinander zu treiben.

Auch die örtlichen Behörden bestätigten die Proteste, gaben die Zahl der Teilnehmer jedoch geringer an. In den sozialen Medien war die Rede von mehreren Verhaftungen, die bislang nicht bestätigt sind. Auch in Berlin gingen einige Menschen am Samstag auf die Straße, um vor der iranischen Botschaft zu protestieren.

Von Sittenpolizei totgeprügelt? Tod von junger Frau bestürzt den Iran

Hintergrund der Proteste: Mahsa A. wurde am Dienstag während eines Familienbesuchs in Teheran von der Sitten- und Religionspolizei wegen ihres „unislamischen“ Outfits festgenommen und auf eine Polizeiwache gebracht. Nach Polizeiangaben war sie dort wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma gefallen. Am Freitag verstarb sie.

Aber: Im Internet kursiert eine andere Version des Vorfalls. So sei A. verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und ein paar Haarsträhnen zu sehen waren. Nach der Verhaftung sei sie auf den Kopf geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung, dem Koma und letztendlich schon am Dienstag zu ihrem Hirntod geführt habe.

Die Polizei wies diese Darstellung vehement zurück. Doch sie und auch die Regierung sind seit dem Tod der jungen Frau und der landesweiten Kritik in Erklärungsnot. Die Beamten versuchten mit nicht verifizierbaren Videoaufnahmen ihre Unschuld zu beweisen.

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Irans Präsident Ebrahim Raisi wies unterdessen das Innenministerium an, die Hintergründe zu durchleuchten. Ein Spezialteam von erfahrenen Polizisten und Gerichtsmedizinern soll umgehend die Ermittlungen aufnehmen.

Kritik an der Sittenpolizei gab es auch im Parlament sowie seitens führender Kleriker. Der Aufschrei richtete sich nach Worten der Kritiker nicht nur gegen das Vorgehen der Sittenpolizei, sondern auch gegen die islamischen Vorschriften im Land. Viele Iraner waren empört darüber, dass eine junge Frau wegen „ein paar Haarsträhnen“ sterben musste. Sie kritisierten die strengen Kleidungsvorschriften als unzeitgemäß. (alp/dpa)

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