„White Christmas“: Lied ist ein Klassiker, der Film dazu wirr
Eingängige Weihnachtslieder wirken irgendwann so zeitlos, als hätte es sie schon immer gegeben. Doch sie haben natürlich auch eine Geschichte, oft sogar eine spannende – wie etwa das inzwischen mehr als 200 Jahre alte „Stille Nacht, Heilige Nacht“ oder auch der schmalzige Song „White Christmas“, der mit der Stimme von Bing Crosby (1903-1977) weltberühmt wurde. Was viele gar nicht wissen: Das Lied gehört zu einem Film – und der war ganz schön schräg.
Das Lied hat dieses Jahr 80. Jubiläum. Oder wird es gar schon 85 Jahre alt? Um das aufzuklären, muss man etwas ausholen und die Entstehung des Songs unter der Sonne Kaliforniens kennen.
„I’m dreaming of a White Christmas – just like the ones I used to know…“ (Ich träume von einem weißen Weihnachten – genau wie jene, die ich einst kannte): Viele haben diese Zeilen mit der Melodie gleich im Ohr und können mitsingen. „White Christmas“ ist ein Evergreen – auch wenn „green“ (also grün) so gar nicht passt in diesem Fall.
Film zu „White Christmas“ gilt als merkwürdig
„White Christmas“ stammt aus einem Film, der vor 80 Jahren, 1942, in den amerikanischen Kinos lief – allerdings schon im Sommer. In Deutschland kam der Streifen mit dem Originaltitel „Holiday Inn“ mit Bing Crosby, Fred Astaire und Marjorie Reynolds vor 75 Jahren ins Kino, unter dem Titel „Musik, Musik“, Weihnachten 1947.
Der Film ist heute weitgehend vergessen, kommt nie im Fernsehen und ist auch bei keinem Streaminganbieter verfügbar. Vielleicht ist auch die Handlung zu wirr: „In einem Gasthaus, das nur an Feiertagen geöffnet hat, wetteifern ein Schnulzensänger und ein Hufschmied um die Zuneigung einer schönen Nachwuchsdarstellerin“ (Zitat IMDb).
Erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurde „White Christmas“ wohl schon 1941 – zu Weihnachten von Bing Crosby in seiner NBC-Radioshow.
„White Christmas“ wurde in Los Angeles geschrieben
„Zur Geschichte und Entstehung des erfolgreichsten Weihnachtsliedes aller Zeiten gibt es verschiedene Varianten“, sagt die deutsche Schriftstellerin Michelle Marly, die dazu in Hollywood recherchierte und einen Bestseller schrieb. Den Roman gibt es seit ein paar Wochen auch als Taschenbuch: „White Christmas – Das Lied der weißen Weihnacht“ (Aufbau Taschenbuch). Fest stehe, dass das Lied längere Zeit erst einmal in der Schublade liegengeblieben sei.
Marly heißt eigentlich Micaela Jary und ist die Tochter des 1988 gestorbenen Komponisten Michael Jary. Sie hält die Variante für wahrscheinlich, dass Berlin das Lied an Weihnachten 1937 schrieb – also vor 85 Jahren.
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Damals habe der 49-jährige Irving Berlin, getrennt von seiner Familie in New York, die Festtage wegen einer Filmproduktion in Los Angeles verbringen müssen. In Südkalifornien ist es Weihnachten so gut wie nie weiß. Das Gras ist grün und die Palmen wiegen sich im milden Wind.
Voller Sehnsucht habe sich Berlin wohl selber gewundert, dass er sich im frühlingshaften Klima nach Kälte und Schnee sehnte. Als Kind war der Komponist in die USA gekommen. Seine Eltern hatten Ende des 19. Jahrhunderts das Russische Reich verlassen – aus Furcht vor judenfeindlichen Pogromen.
Auch diese Lieder sind Weihnachtsklassiker
Nostalgie inspirierte Irving Berlin, der mit 101 Jahren starb, also zu seinem Ohrwurm „White Christmas“. Nostalgie bei Millionen Menschen ist es auch, die das Lied jedes Jahr wieder in die Charts bringt, wenn auch inzwischen weniger erfolgreich als etwa „White Christmas“ von Wham aus dem Jahr 1984, „Driving Home for Christmas“ von Chris Rea von 1986 oder „All I Want for Christmas Is You“ von Mariah Carey (1994).
Neben der Crosby-Fassung gibt es viele Coverversionen von „White Christmas“ – populär war zuletzt etwa das Remake von Michael Bublé. Auch Helene Fischer interpretierte das Lied 2015 auf ihrem Album „Weihnachten“ – dank Computertechnik sogar als Duett mit Bing Crosby.
„White Christmas“ war zunächst gar nicht erfolgreich
Vor 80 Jahren hatte „White Christmas“ gewisse Startprobleme in den Vereinigten Staaten. Im August 1942 als Single veröffentlicht, verfing der Traum von weißer Weihnacht erstmal nicht. Ende Oktober aber erreichte das Lied Platz eins in den USA und blieb dort elf Wochen – bis Januar 1943. Bei der Oscarverleihung im März ’43 gewann Komponist Berlin für das Lied dann den Oscar für den Besten Song.
Mit geschätzten 50 Millionen verkauften Einheiten führt „Guinness World Records“ (das Guinness-Buch der Rekorde) das Lied als meistverkaufte Single der Welt – weit vor „Candle In The Wind 1997“, das Elton John damals Prinzessin Diana nach ihrem Tod widmete.