Wie bald kommt das Labor-Fleisch?
Was wäre, wenn für Burger oder Steaks nicht mehr Tiere in Massen sterben müssen? Für Forscher ist das keine Utopie – sie tüfteln an gezüchtetem Fleisch aus Muskelzellen. Auch Konzerne haben das Potenzial erkannt.
Burgerhack aus dem Labor, das gewöhnlichem Fleisch sehr ähnlich sieht und sich im Geschmack kaum unterscheidet: Konzerne, Start-ups und Forscher arbeiten an Fleisch aus dem Labor, für das keine Massentierhaltung in heutiger Form samt ihren Umweltschäden nötig wäre. Auch wenn die Hürden noch hoch sind: Investoren stecken viel Geld in den Markt, von dem Konzerne wie Merck oder Nestlé profitieren wollen.
Forscher arbeiten an Labor-Fleisch
„In Zukunft könnte der Fleischmarkt dreigeteilt sein“, glaubt Thomas Herget, Leiter der Innovation Hubs von Merck, in Kalifornien und China. Ein Drittel könnte konventionelles Fleisch aus Schlachtungen sein, ein Drittel pflanzenbasiert und eines aus Bioreaktoren kommen.
Der Pharma- und Chemiekonzern Merck forscht seit rund drei Jahren an Technologien, die zur Produktion von kultiviertem Fleisch und Fisch benötigt werden. Die Idee: Statt Tiere in Fabriken für die Schlachtung zu mästen, entnimmt man im ersten Schritt chirurgisch nur eine kleine Gewebeprobe. Danach werden die Zellen im Labor isoliert und kultiviert, bevor sie in großem Stil in Bioreaktoren gezüchtet und umgewandelt werden. Zum Schluss wird die Zellmasse verarbeitet und kann etwa zu Burgerfleisch geformt werden.
Labor-Fleisch: Gut für Tiere und Umwelt
Laborfleisch soll nicht nur gut für die Tiere, sondern auch für die Umwelt sein. Es habe gemessen an konventionell erzeugtem europäischem Fleisch das Potenzial, die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen um 78 bis 96 Prozent zu senken, 99 Prozent weniger Flächen und 82 bis 96 Prozent weniger Wasser zu verbrauchen, schätzten Forscher der Universität Amsterdam und Oxford.
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Umweltschützer befürworten die Ansätze. „Prinzipiell ist es zu begrüßen, wenn für Fleisch keine Tiere sterben müssen und Umweltschäden begrenzt werden“, sagt Stephanie Töwe, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace. Es sei aber mehr Transparenz über die Klimabilanz von Laborfleisch nötig sowie den Einsatz von Antibiotika in der sterilen Umgebung.
Hinzu kommen Hürden wie die Entnahme und Isolation der Muskelzellen vom Tier, das Züchten von Laborfleisch im großen Stil und das Nachahmen von strukturiertem Fleisch wie Rindersteaks – Burger-Patties sind wesentlich einfacher. Auch die Lebensmittelbehörde müsste das Produkt noch auf Reinheit und mögliche Gesundheitsgefahren prüfen. „Bis Verbraucher kultiviertes Fleisch an der Ladentheke finden, dürften fünf bis zehn Jahre vergehen“, sagt Thomas Herget. (vd/dpa)