Wirklich Pandemie-Ende? Das macht Drosten aktuell noch Sorgen
Vorsicht, Appelle und bloß nicht zu früh lockern: Bisher tat Virologe Christian Drosten vor allem eins: mahnen. Jüngst stellte der Corona-Experte allerdings tatsächlich ein mögliches Pandemie-Ende in Aussicht. Aber: Eine Mutation könnte die Lage noch verkomplizieren – und auch die angespannte Corona-Lage in China macht dem Wissenschaftler Sorgen. Wie wahrscheinlich ist das Ende von Corona wirklich?
Das Virus hat Feierabend. Das traute sich lange Zeit niemand auch nur ansatzweise auszusprechen – ständig neue Mutationen machten die Hoffnung darauf immer wieder zunichte. Nun hat Deutschlands Virologe Nummer 1 Christian Drosten jedoch in der „Zeit“ gesagt, dass er in der raschen Abfolge der jüngsten Corona-Wellen ein Anzeichen für ein baldiges Pandemie-Ende sieht.
Gleichzeitig schränkte Drosten aber ein: Ob der nächste Winter noch einmal hart werde, hänge davon ab, welche Omikron-Variante sich durchsetze. „Gerade nehmen gleich zwei Omikron-Varianten Anlauf: BF.7 und BQ.1.1. BF.7 wäre der bessere Fall, diese Variante ist BA.5 sehr ähnlich, gegen das ein Großteil der Bevölkerung bereits immun ist. Es käme dann „eine sanfte Winterwelle“, erklärt Drosten. Diese Welle würde sich dann von allen vorherigen unterscheiden und nicht mehr durch eine deutliche Veränderung des Virus hervorgerufen. Mit BF.7 wäre man „im endemischen Zustand angekommen“.
Pandemie-Ende: Drosten ist zuversichtlich
Bei BQ.1.1 hingegen bestehe die Gefahr, dass das Virus dem Immunsystem von bereits Infizierten oder Geimpften besser entkommen könnte. Sprich: Bisherige Impfstoffe schützen weniger gut vor einer Ansteckung. Beunruhigend: BQ.1.1 holt gerade in mehreren europäischen Ländern auf, das Robert-Koch-Institut (RKI) wies zuletzt auf eine Vervierfachung der Variante in Deutschland innerhalb der vergangenen vier Wochen hin. „Wenn es dominant wird, könnte der Winter noch einmal schwierig werden“, so Drosten. Und: Wie das Deutsche Primatenzentrum in Göttingen herausfand, wirkten zudem alle derzeit zugelassenen Antikörpertherapien bei der Variante nicht.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet mit steigenden Corona-Infektionszahlen im Winter. „Ich glaube, dass wir noch einmal eine Winterwelle bekommen werden“, so der SPD-Politiker im Bayerischen Rundfunk. Er verstehe daher die Eile der Bundesländer bei den Lockerungen nicht – und verwies auf rund 1000 Menschen, die pro Woche mit dem Coronavirus sterben, und eine unerwartet hohe Übersterblichkeit im Oktober.
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Laut Drosten soll zumindest kurzfristig keine deutlich gefährlichere Variante von Sars-CoV-2 auftreten. „Das Virus kann an vielen Stellen in seiner Evolution nicht mehr ohne Weiteres zurück.“ Seine momentane Sorge gilt China. „Weltweit ist die Immunität recht homogen verteilt, in Industrieländern durch Infektion auf dem Boden der Impfung, in ärmeren Ländern sogar durch mehrfache Infektion der Bevölkerung. In China jedoch ist das nicht der Fall. Ich würde nicht ausschließen, dass dort in puncto Evolution noch einmal ein Sprung passiert.“ Also dass das Virus dort noch einmal zu einer gefährlicheren Variante mutieren könnte.
In China führten zuletzt eine Rekord-Welle und das Festhalten der Regierung an ihrer Null-Covid-Politik zu immer größeren Einschränkungen für die Bevölkerung. Gestern wurden landesweit 31.444 neue Infektionen gemeldet – so viele wie noch nie seit Pandemie-Beginn. Verglichen mit Chinas riesiger Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen ist die Zahl aber immer noch gering. (alp)