Wo bleibt die Hilfe? Wut und Verzweiflung bei Flutopfern im Ahrtal
Die Niederschläge waren extrem, die Straßen überflutet, Keller liefen voll – als es Anfang der Woche im Ahrtal heftig regnete, weckte das bei Bewohnern schreckliche Erinnerungen an die Jahrhundertflut vor knapp einem Jahr. Unter den katastrophalen Folgen leiden die Menschen noch heute, die Bewohner fühlen sich im Stich gelassen. Aus Verzweiflung wird immer mehr Wut.
In dem betroffenen Gebiet an der Ahr in Rheinland-Pfalz leben 56.000 Menschen – 17.000 haben letztes Jahr ihr Zuhause verloren oder sind von den Schäden betroffen. Fast 9000 Gebäude wurden zerstört oder beschädigt. Schnelle Unterstützung wurde ihnen versprochen, ein Hilfsfonds von 28 Milliarden Euro eingerichtet. Doch bis heute stehen viele vor den Trümmern ihrer Existenz – auch finanziell. Weil die Gelder eben nicht schnell und unbürokratisch ausgezahlt werden.
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In der ARD-Sendung „Report Mainz“ kommen Menschen wie Alexandra Baltes zu Wort: „Wenn ich das unkompliziert und einfach verspreche, dann muss ich es auch unkompliziert und einfach machen. Aber das was hier abgeht, das ist eine Farce, das ist eine Unverschämtheit“, so die erboste Anwohnerin.
Ein Kritikpunkt der Flutopfer: Die Wiederaufbau-Anträge für zerstörte Häuser seien viel zu kompliziert. In der ARD-Sendung berichten Betroffene, sie hätten bis heute kein Geld erhalten, obwohl sie schon im letzten Jahr den Antrag gestellt hätten.
Ahrtal: Flutopfer fühlen sich im Stich gelassen
Flutopfer Iris Münn-Buschow gehört zur Inititiative „Ahrtal – Wir stehen auf“, die vergangenen Donnerstag auf einer Kundgebung in Ahrweiler ihrem Frust Luft machte. Die 62-Jährige erklärt gegenüber T-online: „Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, die in Rheinland-Pfalz für die Bewilligung der Aufbauhilfen zuständig ist, ist damit völlig überfordert.“
Und die Spenden, immerhin 270 Millionen Euro? „Die liegen zum großen Teil bei den Hilfsorganisationen. Nach den ersten Soforthilfen können sie beim Wiederaufbau erst dann helfen, wenn Betroffene Hilfsgelder vom Staat bekommen haben.“
Was läuft da schief? Die Landesregierung hat schließlich Info Points eingerichtet. In vielen Ortschaften können sich Betroffene hier Hilfe bei der Antragsstellung holen. Eine gute Sache, das betont auch Iris Münn-Bunschow. Doch offenbar reicht das nicht – viele fühlen sich mit den komplizierten Anträgen überfordert. Deshalb startet am Freitag ein Pilotprojekt des Landes.
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„Aufsuchende Hilfe“, nennt es Ministerpräsidentin Malu Dreyer gegenüber „Report Mainz“: „Das Pilotprojekt beginnt, weil wir sehen, dass wir nicht ausreichend Anträge haben. Und deshalb haben wir gesagt, wir machen uns auf den Weg und gehen jetzt einfach von Haus zu Haus und fragen, was der Sachstand ist.“
Die Betroffene Iris Münn-Bunschow weiß, wie wenig Perspektive einige Menschen für sich sehen. Gegenüber T-online sagt sie: „Ich kenne Leute, die sagen, dass sie das nicht schaffen, dass sie das fertig macht.“