Wohin mit dem Atommüll? Schweden will ihn eingraben
Wohin mit unserem Atommüll? Regierungen weltweit stehen vor dem Problem, die nuklearen Reste ihrer Energiegewinnung sicher und nachhaltig entsorgen zu müssen. Einen bemerkenswerten Weg schlägt nun Schweden ein.
Ab unter die Erde: Die schwedische Regierung hat Pläne für die Endlagerung von Atommüll genehmigt. Dabei sollen rund 12.000 Tonnen radioaktive Abfälle etwa 500 Meter unter der Erdoberfläche in einbetonierten Kupferkanistern gelagert werden. Diese Kanister sollen in kilometerlangen Tunneln untergebracht werden. „Schweden und Finnland sind die ersten Länder der Welt, die Verantwortung für ihren Atommüll übernehmen“, sagte die schwedische Umweltministerin Annika Strandhäll am Donnerstag laut einer Pressemitteilung.
Schweden will Atommüll im Süden des Landes eingraben
So „einfach“ kann man also seinen Atommüll loswerden? Und das soll auch noch sicher sein? Die Pläne des Unternehmens SKB, das zur schwedischen Atomkraftindustrie gehört, seien nach den geltenden Kriterien von den Behörden tatsächlich als unbedenklich eingestuft worden, hieß es. Ein Gericht soll nun die formellen Genehmigungen erteilen. Allerdings: Bis zur Fertigstellung könnten schwedischen Medienberichten zufolge Jahrzehnte vergehen.
Das Endlager soll in Forsmark im Süden Schwedens entstehen. Praktisch: Dort ist auch eines der schwedischen Atomkraftwerke angesiedelt. Der Energie-Müll kann dann quasi direkt in der Nachbarschaft vergraben werden. Außerdem umfassen die Pläne den Bau einer Anlage im ebenfalls südschwedischen Oskarshamn, die für die Kupferkanister zuständig sein soll.
EU will Atomkraft als „grüne Energiegewinnung“ labeln
Die Debatte um ein Langfrist-Lager für nukleare Energiereste könnte bald nochmal neu Fahrt aufnehmen: Die EU plant, Atomkraft neben Erdgas künftig mit einem speziellen Label als grüne Arten der Energiegewinnung einzustufen. Deutschland ist strikt dagegen. So warnte etwa Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) jüngst: „Atomkraft ist alles andere als nachhaltig“.
Daher seien die entsprechenden Pläne der EU-Kommission „absolut falsch“, so Lemke. „Die Fakten sind klar: Atomkraft ist eine Hochrisikotechnologie, wie Tschernobyl und Fukushima gezeigt haben. Weltweit existiert kein Endlager für hochradioaktiven Atommüll, und wirtschaftlich ist Atomstrom unrentabel“, bekräftigte sie.
Niemand will Atommüll in der Nachbarschaft haben
Können die schwedischen Pläne hier zum Game Changer werden? Das dürften viele Länder neugierig beobachten. Auch Deutschland muss seinen Atommüll langfristig loswerden, die Frage nach einem Endlager ist allerdings hierzulande – wie auch in vielen anderen Ländern – weiter offen. Denn strahlende Energiereste will natürlich niemand in der Nachbarschaft haben.
Bei uns in Norddeutschland begannen vor genau 40 Jahren in Gorleben (Landkreis Lüchow-Dannenberg) die Bauarbeiten für ein Atommüll-Zwischenlager, das 1983 in Betrieb genommen wurde. In Niedersachsen gibt es noch ein weiteres Atommülllager: In Asse bei Wolfenbüttel liegen in einem ehemaligen Bergwerk rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen. Problem: Dort dringt Wasser ein, das Lager muss eigentlich schleunigst geräumt werden. Es gibt sogar einen gesetzlichen Auftrag, die Asse unverzüglich stillzulegen. Zuständig für die Rückholung ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) in Peine. Sie legte 2020 einen Plan vor, nach dem 2033 mit der Rückholung begonnen werden soll. Allein bis zum Start kalkulierte die BGE zuletzt mit Kosten von mehr als drei Milliarden Euro.
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Sicher ist: Wenn Ende 2022 im letzten deutschen Akw die Lichter ausgehen, strahlt der über Jahrzehnte angehäufte Atommüll in großen Mengen weiter. Fachleute erwarten bis 2080 rund 10.500 Tonnen hoch radioaktive Abfälle aus Brennelementen. Sie sollen eines Tages in einem Endlager ruhen, das offiziell bis 2031 gefunden sein soll. Ob das gelingt, ist schwer abzusehen. (mp/dpa)
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