„Querdenker“-Demo eskaliert: Gewalt gegen Polizei – Platz vor Reichstag geräumt
Einige Demonstranten in Berlin wünschten sich Zustände wie in den USA.
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Gegendemonstranten in Berlin
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Berlin –
Tagelang war gestritten worden, doch von Gerichten wollten sich die sogenannten „Querdenker“ und andere Coronaregel-Gegner ohnehin nicht aufhalten lassen. Trotz des ursprünglich erlassenen Demonstrationsverbots, das am späten Freitag gekippt wurde, hatten mehrere Tausend Menschen angekündigt, protestieren zu wollen – was sie am Samstag auch taten. Am Abend kam es zu teils gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei. Hier können Sie die Entwicklungen in Berlin noch einmal nachlesen.
Polizei löst Kundgebung vor Reichstag auf
Nachdem mehrere Personen versucht hatten, den Berliner Reichstag zu stürmen, und es zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen war, haben die Einsatzkräfte die Kundgebung am Abend aufgelöst. Auf Twitter teilte die Berliner Polizei mit, dass es unter anderem zu Stein- und Flaschenwürfen auf Polizisten gekommen war.
Demonstranten wollen Reichstag stürmen
Mehrere Teilnehmer der Demonstration haben am Abend eine Absperrung am Reichstagsgebäude durchbrochen. Wie dpa-Reporter vor Ort berichten, seien sie die Treppe hoch gestürmt und von der Polizei zurückgedrängt worden. Es kam zu Rangeleien, die Polizei soll Pfefferspray eingesetzt haben.
Demonstranten rücken langsam ab
Wie die Polizei auf Twitter mitteilt, löst sich die Versammlung allmählich auf. Das sorge dafür, dass die Corona-Abstände mittlerweile wieder eingehalten werden könnten und sei „sehr erfreulich“.
Ingesamt wohl bis 38.000 Demonstranten
Zwischenzeitlich sollen sich am Samstag bis zu 38.000 Menschen rund um Siegessäule und Brandenburger Tor aufgehalten haben, sagt Innensenator Andreas Geisel am Abend. Aktuell sollen noch rund 30.000 Demonstranten vor Ort sein.
Innensenator bestätigt 200 Festnahmen
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) berichtet am Abend, insgesamt habe es 200 Festnahmen vor der Russischen Botschaft gegeben. Dort waren zwischenzeitlich 2000 bis 3000 Rechtsextreme und Reichsbürger aufmarschiert. Polizisten wurden mit Flaschen und Steinen beworfen. Unter den Festgenommenen sei auch Attila Hildmann, bestätigt Geisel.
Auf Nachfrage der „Bild“ sagt eine Polizeisprecherin, der Vegan-Koch habe die Aufforderung der Beamten zum Verlassen der Örtlichkeiten ignoriert. Stattdessen habe er weiter versucht, vor der Menge eine Kundgebung abzuhalten. Trotz mehrfacher Ankündigung der Festnahme sei Hildmann nicht einsichtig oder kooperativ gewesen – daraufhin habe man ihn festgenommen. Er soll nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder entlassen werden.
Hildmann von Polizei festgenommen
Die Polizei hat Vegan-Koch und Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann festgenommen. Er hatte zuvor an mehreren Orten in der Stadt die Menge aufgepeitscht und krude Thesen verbreitet.
Protest vor der Russischen Botschaft
Rund 2000 Menschen beschließen, dass die Russische Botschaft ein guter Ort zum Demonstrieren gegen Corona-Regeln ist. Auch Attila Hildmann ist da. Die Polizei will den Protest auflösen und wird nach eigenen Angaben angegriffen.
Demonstranten werfen Absperrung um
Am Reichstagsgebäude kommt es zur nächsten Konfrontation: Demonstranten werfen nach Polizeiangaben die Absperrungen um und werden daraufhin abgeführt.
Der „Tagesspiegel“ berichtet, dass der Vegan-Koch und Corona-Schwurbler Attila Hildmann die Menge offenbar aufpeitscht und auffordert, weitere Absperrungen umzureißen. Auf Bildern ist zu sehen, wie zahlreiche Menschen mit Reichskriegsflaggen sich vor der Bühne versammeln, auf der der erklärte Corona-Leugner spricht.
Nächste Demonstration startet
Nach Auflösung der ersten Demonstration in Berlin haben sich am Nachmittag erneut tausende Protestler an der Siegessäule und an der Straße des 17. Juni versammelt. Polizeisprecher Thilo Cablitz spricht von mehreren zehntausend Teilnehmern.
Die rund zwei Kilometer lange Strecke ist mit Demonstranten gut gefüllt. An der Straße des 17. Juni sollte es ab am Nachmittag eine Kundgebung geben. Die Polizei ruft die Menschen auf, nicht weiter hinzuzuströmen. Bei Twitter schreibt sie: „Wir stellen fest, dass bei der Demo auf der Straße des 17. Juni die Abstände nicht ausreichend eingehalten werden. Wir fragen derzeit den Versammlungsleiter, ob er unter diesen Umständen seine Versammlung überhaupt beginnen möchte und raten vom weiteren Zuströmen ab.“
Zuvor war eine Demonstration von der Polizei mit Verweis auf nicht eingehaltene Abstände aufgeflöst worden. Aufgerufen zum Protest hatte die Stuttgarter Initiative Querdenken 711.
Polizei führt Teilnehmer ab
Einige besonders renitente Demonstranten müssen von der Polizei abgeführt werden, da sie sich weigern, die Versammlungszone zu verlassen.
Offenbar viele Rechte unter Demonstranten
Unser Reporter vor Ort berichtet, dass sich unter den Protestierenden offenbar auch viele Rechte befinden, darunter Teilnehmer, die Reichskriegsflaggen schwenken und Mitglieder der rechtsradikalen Parteien NPD und III. Weg.
Gleichzeitig wurden Jesus-Anhänger gesichtet, meditierende Ghandi-Fans und Menschen, die Israel-Fahnen schwenkten. Daneben waren aber auch Russland- und US-Flaggen zu sehen.
Stimmung wird gereizter
Die Emotionen kochen offenbar langsam hoch. Wie die Polizei auf Twitter mitteilte, gibt es an mehreren Stellen in der Stadt Einsätze wegen drohender Eskalation.
So soll es bereits zu Flaschenwürfen auf Beamte gekommen sein, auch würden Barrikaden errichtet, Baucontainer in Brand gesteckt und rund 40 Menschen legten Box-Bandagen an.
Teilnehmer sollen abreisen
Die Polizei fährt mittlerweile mit Lautsprecherwagen entlang der Demo-Route und rund um die Straße des 17. Juni, um die Anwesenden zur Abreise zu bewegen.
Polizei: Wiederholte Regelbrüche
Ausschlaggebend für die Auflösung der „Querdenker“-Demo sei laut Polizei „die Nichteinhaltung der Abstandsregelungen nach dem Infektionsschutzgesetz“ gewesen, erklärte die Polizei auf Twitter.
Obwohl man mehrfach versucht habe, die Teilnehmer zur Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen zu bewegen, hätten die meisten diese Regeln ignoriert, hieß es weiter. Daher habe man sich zur Beendigung der Versammlung entschlossen.
Demonstration wird aufgelöst
Weil sich die Demonstranten, genau wie befürchtet, nicht an die geltenden Hygiene- und Abstandsregeln gehalten haben, wird die Versammlung nun aufgelöst. Das teilte die Polizei auf Twitter mit.
Die Demo wird damit aufgelöst, noch bevor die Teilnehmer überhaupt richtig losgelaufen sind. Es bleibe jedoch laut Polizei „keine andere Möglichkeit“.
Redner ruft zum Brechen der Regeln auf
Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, wird die Menge am Friedrichstadtpalast von einem Redner auf einem Truck aufgeheizt. Er soll gerufen haben: „Wir sind nicht hier, um die Abstandsregeln einzuhalten – wir sind hier, um sie abzuschaffen!“ Es soll daraufhin Jubel, Geschrei und Pfiffe gegeben haben.
Danach trat offenbar allerdings eine Frau ans Mikro und bat die Menge: „Bittet haltet die Abstandsregeln ein. Wir wollen die Polizei nicht provozieren“.
Demo-Auflösung als „letztes Mittel“
Sollten sich die „Querdenker“ in Berlin weiter nicht an die Pandemie-Maßnahmen halten, will die Polizei die Demo auflösen.
Eine Sprecherin sagte, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden und dann auch keine Masken getragen werden, wäre es „das letzte Mittel“, den Demonstrationszug nicht starten zu lassen und die Versammlung aufzulösen.
Polizei gibt erste Teilnehmerzahl bekannt
Ersten Schätzungen zufolge sind in Berlin bislang fast 18.000 Coronaregel-Gegner aufmarschiert. Es gebe aber noch Zustrom zu einem geplanten Demonstrationszug, sagte eine Sprecherin am Samstagmittag.
Polizei verhängt spontan Maskenpflicht
Die Befürchtungen der Stadt scheinen sich zu bewahrheiten: Wie schon bei der letzten Demo am 1. August halten die Teilnehmer auch dieses Mal nichts von Abstand und Hygieneregeln. Die Polizei sah sich deshalb gezwungen, spontan eine Maskenpflicht zu verhängen, wie sie auf Twitter schrieb.
Auch Gegendemonstranten sind da
Neben den „Querdenkern“ haben sich auch Gegendemonstranten in Berlin eingefunden. Sie trugen Mund-Nasen-Schutz und hielten Banner hoch mit Sprüchen wie „Masken auf, Nazis raus“.
Innensenator appelliert an Protestler
Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte die Demonstranten zuvor dazu aufgerufen, den Infektionsschutz nicht zu vernachlässigen. Er äußerte zudem die Sorge, dass es bei Veranstaltungen zu Gewalt kommen könnte.
Zum Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin in der Nacht zum Samstag sagte Geisel: „Das Gericht gibt den Versammlungsteilnehmern damit eine zweite Chance zu zeigen, dass sie sich an die Auflagen halten. Es liegt jetzt an den Demonstrierenden das auch unter Beweis zu stellen.“
An der Pandemie-Situation habe der Gerichtsbeschluss ohnehin nichts geändert, sagte der Innensenator. „Ich erwarte deshalb von den Menschen, die in Berlin demonstrieren, dass sie alles für den Infektionsschutz tun. Und dass sie es friedlich tun“, teilte er mit. „Denn große Sorge bereitet mir nach wie vor die europaweite Mobilisierung unter Rechtsextremisten, die unabhängig von der Verbotsdiskussion im Vorfeld stattgefunden hat. Ich appelliere an alle, sich gewaltfrei in Berlin zu versammeln.“
Die ersten Teilnehmer sind da
Am Vormittag haben sich bereits rund 1000 Teilnehmer auf der Straße Unter den Linden und vor dem Brandenburger Tor versammelt. Von dort soll ein Aufzug mit Protestierern durch Berlin ziehen zum Tiergarten und bis zur Straße des 17. Juni.
Demonstrierende schrien „Tor auf“ und skandierten „Wir sind das Volk“. Eine riesige Deutschlandflagge war auf dem Boden ausgelegt, einige trugen sie um die Schultern. Zu sehen waren auch Fahnen im Stil der bei Rechtsextremisten beliebten Reichskriegsflagge.
Berlin: Eine wilde Mischung demonstriert
Die einen finden die vom Staat verhängten Coronaregeln doof und fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt. Die anderen haben generell ein Problem mit der Regierung Merkel und sympathisieren offen mit rechtsradikalem Gedankengut. Wieder andere sind Impfgegner und befürchten die Übernahme der Weltherrschaft durch Bill Gates. Und zu guter Letzt wollen einige sicher auch einfach nur protestieren um des Protestierens willen: Die Mischung, die sich für die Demonstration der sogenannten „Querdenker“ am Samstag in Berlin angekündigt hat, könnte diffuser nicht sein.
Eins eint sie aber: An Abstandsregeln, Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen will sich offenbar keiner halten – wie eine andere Demonstration am 1. August bereits gezeigt hatte. Deshalb befürchtete die Stadt Berlin, das auch diesmal ähnliche Szenen drohen und der Protest zum Superspreader-Event und somit zur Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung wird. Die Veranstaltung sollte daher verboten werden – Gerichte kippten diese Entscheidung jedoch. Erwartet werden nun um die 22.000 Menschen.