„Brandmauer“ aus 150.000 Menschen: Riesen-Demo gegen rechts
Seit gut drei Wochen demonstrieren immer wieder Zehntausende gegen rechts und gegen die AfD. Die Proteste gehen weiter – auch mit einer besonderen Aktion am Reichstagsgebäude in Berlin.
Trotz Sprühregens haben sich deutlich mehr als die angekündigten 100.000 Menschen in Berlin zu einer Demonstration gegen die AfD und gegen rechts versammelt. Mehr als 150.000 Menschen seien aktuell vor Ort, schrieb die Polizei am Samstagnachmittag auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Veranstalter sprachen von rund 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Alle vorgesehenen Zusatzflächen in der Umgebung wurden laut Polizei freigegeben.
Demo am Bundestag: 150.000 Menschen kamen zusammen
Geplant war eine symbolische Menschenkette unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“. Hinter der Aktion gegen Hass und für Toleranz steht ein Bündnis namens Hand in Hand mit mehr als 1300 Organisationen. „Wir wollen ein Zeichen setzen für Solidarität und dass wir gegen Diskriminierung sind. Und dass wir es schön finden, wenn weiterhin eine Gesellschaft mit Vielfalt statt Einfalt in Deutschland existiert“, sagte der 36-jährige Serkan Bingöl, Berliner mit deutschem Pass und Gymnasiallehrer, der mit einer Gruppe Geflüchteter gekommen war.
Unter demselben Motto haben 120 Organisationen eine Demonstration in Dresden mit 10.000 Menschen angemeldet. In Hannover gibt es eine ähnliche Aktion am niedersächsischen Landtag. Darüber hinaus gibt es Dutzende weitere Aktionen in kleinen und großen Städten von Brunsbüttel in Schleswig-Holstein bis Freiburg in Baden-Württemberg.
Weitere Demonstrationen in anderen Städten geplant
Seit gut drei Wochen gehen überall in Deutschland immer wieder Zehntausende Menschen gegen rechts und gegen die AfD auf die Straße. Auslöser ist eine Recherche des Medienhauses Correctiv zu einem Treffen radikaler Rechter mit einzelnen Politikern von AfD, CDU und Werteunion im November in Potsdam.
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Dort hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über das Konzept der sogenannten Remigration gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.
Demo gegen Rechts: „Ja, unsere Demokratie ist in Gefahr“
Die Großdemonstration in Berlin reihe sich in die Protestaktionen der vergangenen Wochen ein, teilten die Veranstalter mit. Zugleich sei sie gedacht als Auftakt für das Netzwerk Hand in Hand, das sich mit Blick auf die Wahlen in diesem Jahr für Demokratie und Menschenrechte einsetzen will.
„Ja, unsere Demokratie ist in Gefahr“, heißt es im Aufruf des Berliner Bündnisses. „Doch wir sind entschlossen, laut und aktiv zu werden: für eine offene, demokratische, plurale und solidarische Gesellschaft, gemeinsam gegen den Rechtsruck in Deutschland und Europa.“
Gewerkschaften und Initiativen rufen zur Demo auf
Zu den Unterstützern zählen viele kleine Initiativen, aber auch große Organisationen wie die Gewerkschaften Verdi, GEW und IG Metall, Amnesty International, Flüchtlings-Hilfsorganisationen und auch die Klimaprotestgruppen Extinction Rebellion und Letzte Generation. Auch Politikerinnen und Politiker haben sich zu der Kundgebung angekündigt, darunter die Vorsitzenden der SPD und der Linken.
Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: „Viele Menschen in Deutschland sind entsetzt über die Deportationspläne rechtsextremer Netzwerke, die das Recherchenetzwerk Correctiv aufgedeckt hat.“ Es sei beunruhigend, „wie tief die AfD in diese Netzwerke eingebunden zu sein scheint“.
Gerade deshalb müsse man Initiativen stärken, die sich überall im Land für Demokratie Vielfalt und Zusammenhalt einsetzten. Dazu müsse möglichst schnell das Demokratiefördergesetz vom Bundestag beschlossen werden.
Demo gegen Rechts: Mehr Schutz vor Diskriminierung gefordert
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, forderte dagegen mehr Schutz vor Diskriminierung. „Viele Menschen, die Rassismus und Diskriminierung erleben, haben gerade große Zukunftsängste. Und sie haben den Eindruck, dass die Politik nichts für sie tut und ihre Ängste und Sorgen nicht ernst nimmt.“ Von der Bundesregierung und den demokratischen Parteien komme fast nichts – „außer ein paar Lippenbekenntnisse“. Die Bundesregierung bleibe sowohl beim Kampf gegen Diskriminierung als auch beim Thema Antisemitismus hinter dem eigenen Koalitionsvertrag zurück.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bezeichnete es als „völlig richtig“, dass die AfD Adressat der bundesweiten Proteste ist. „Sie ist eine zutiefst rechtsextreme Partei. Es schüttelt mich jedes Mal regelrecht, wenn ich diese hasserfüllten Reden höre“, sagte Söder der „Rheinischen Post“.
Berlin: 100.000 Demonstranten bei Demo gegen rechts
In das Berliner Regierungsviertel waren schon einmal am 21. Januar nach Angaben der Polizei mehr als 100.000 Demonstranten gekommen. Der Bundestag, seit 1999 mit Sitz im umgebauten historischen Reichstagsgebäude, ist zentrales Symbol der bundesdeutschen Demokratie.